Der Funktionalismus hat unzählige Schwächen

Die Stärke des Funktionalismus, die sich technisch bezahlbar macht, besteht darin, das Denken nicht an bestimmte interne Vorgänge im Lebewesen zu binden. Es spielt demnach keine wesentliche Rolle, wie die Funktion realisiert wird. Solange sie verwirklicht wird, liegt scheinbar ein Denkakt der relevanten Art vor. Doch der Funktionalismus hat in seiner Reinform laut Markus Gabriel unzählige Schwächen: „Das Hauptproblem des Funktionalismus besteht darin, dass er keine Beschreibung dessen liefert, was das menschliche Denken wirklich ist.“ Er handelt nicht vom Denken selbst, sondern von einem Denkmodell. Denken ist dabei die Erstellung von Modellen der Wirklichkeit. Seit 2009 hat Markus Gabriel den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

Die Logik befasst sich mit den Gesetzen des Wahrseins

Beim Funktionalismus ist zudem die Kluft zwischen Hardware und Software fundamental. Daher sieht man nicht mehr, wie diese zwei in der Vorstellung von einem geschlossenen materiellen Universum Unterschlupf finden können. Daher ist der Funktionalismus nicht mit dem Materialismus vereinbar. Markus Gabriel führt ein paar weitere Begriffe ein: „Eine Individuationsbedingung ist eine Anordnung von Regeln.“ Diese legen fest, wann etwas überhaupt mit etwas, und das heißt mit sich selbst, identisch ist.

Die Individuationsbedingungen der Software des Denkens werden in der Form von Algorithmen angegeben. Im Allgemeinen ist ein Algorithmus eine Regel, die vorschreibt, dass ein Vorgang in bestimmten wohldefinierten Schritten auszuführen ist. Auf diese Weise kommt man zu einem kontrollierten Ergebnis und löst dadurch ein Problem. Algorithmen sind über ihre logischen Eigenschaften definiert. Die Logik befasst sich mit den Gesetzen des Wahrseins. Das bedeutet, dass sie beschreibt, unter welchen Bedingungen Gedanken miteinander verbunden und ineinander übersetzt werden können.

Das Denken ist die Grundlage der Logik

Die logischen Gesetze beschreiben die Steuerungsbedingungen für Algorithmen. Die Logik ist eine der Grundlagen der Mathematik und damit natürlich auch des digitalen Zeitalters. Die Logik hat allerdings noch eine weitere Grundlage, nämlich die des Denkens. Deshalb ist die Philosophie als das Nachdenken über das Denken noch grundlegender als die Logik. Die Digitalisierung ist die Realisierung der logischen Einsichten des späten 19. und 20. Jahrhunderts auf einer neu entwickelten technologischen Basis.

Im Unterschied zu analogen Signalen beruhen digitale Signale auf andersartigen Formen der Signalübertragung. Diskrete Unterschiede sortieren bei digitalen Prozessen etwas in klar abgegrenzte Bereiche. In Abgrenzung dazu gibt es kontinuierliche Unterschiede, die auch als intensive Unterschiede bekannt sind. Nun gibt es Verhältnisse, die sich wischen dem Analogen und dem Digitalen herstellen lassen. Man kann dies als eine Form der Übersetzung auffassen. Analogen Informationen lassen sich unter bestimmten Bedingungen in digitale umwandeln und umgekehrt. Quelle: „Der Sinn des Denkens“ von Markus Gabriel

Von Hans Klumbies