Die Wirklichkeit korrigiert Meinungen

Wirklichkeit ist der Umstand, dass es Gegenstände und Tatsachen gibt, über die man sich täuschen kann, weil sie nicht darin aufgehen, dass man bestimmte Meinungen über sie hat. Markus Gabriel fügt hinzu: „Wirkliches korrigiert unsere Meinungen. Aufgrund der Wirklichkeit unserer Gedanken können wir uns täuschen, aber eben auch richtigliegen. Dabei ist zu beachten, dass Wirklichkeit kein Ding oder Behälter ist, in dem sich Dinge befinden.“ Bei der Wirklichkeit handelt es sich vielmehr um eine Modalkategorie. Andere Beispiele für Modalkategorien sind Notwendigkeit, Möglichkeit, Unmöglichkeit und Kontingenz. Platon und Aristoteles haben als Erste damit begonnen, Modalkategorien aufzulisten und voneinander zu unterscheiden. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

Begriffe kann man in Gedanken verwandeln

Unter einer Kategorie versteht man im Allgemeinen einen Begriff, ohne den man keine anderen Begriffe bilden könnte. In der Gegenwartsphilosophie ist es allerdings umstritten, ob es überhaupt Begriffe gibt, und wenn ja, wie viele. Die Idee, die hierbei im Hintergrund steht, kann man sich folgendermaßen verständlich machen: Ein Begriff ist etwas, mittels dessen man einiges von anderem unterscheiden kann. Der Begriff des Hundes unterscheidet Hunde von Katzen, aber auch von Löwen und Ohrläppchen.

Markus Gabriel weiß: „Begriffe kann man in Gedanken verwandeln.“ Menschen konstruieren die Wirklichkeit nicht durch Begriffe. Wenn sich Begriffe aber von Nichtbegriffen unterscheiden, dann gibt es einen Begriff des Begriffs. Platon, der all dies als Erster erkannt hat, nennt den Begriff des Begriffs in seinem Dialog „Sophistes“ den „Logos“. Davon leitete man später die Logik ab. Platon bemerkt, dass sich der Begriff des Begriffs von anderen Begriffen unterscheiden muss. Also gibt es ein Unterscheidungsmerkmal, das ihn von allen anderen Begriffen absetzt.

Jeder Begriff verweist auf einen anderen

Genau genommen muss es Platon zufolge eine Reihe solcher Merkmale geben, die er als „die obersten Gattungen“ bezeichnet. Diese Unterscheidungsmerkmale nennt sein Schüler Aristoteles dann Kategorien. Eine Kategorie sorgt dafür, dass sich ein Begriff vom Begriff des Begriffs unterscheidet. Die Kategorie der Wirklichkeit besteht darin, dass etwas an einer Idee teilhat, wie Platon sich ausdrückt. Markus Gabriels Wirklichkeit ist nicht mehr und nicht weniger als der Umstand, dass er ein geistiges Lebewesen, das heißt ein Mensch ist.

Es mag noch andere geistige Lebewesen geben. In dem Fall müsste man noch weitere Begriffe hinzufügen, um Markus Gabriels Menschsein zu charakterisieren. Aber sofern er mindestens ein geistiges Lebewesen ist, ist er wirklich. War wirklich ist, ist in ein Netzwerk von Begriffen eingebunden. Jeder Begriff verweist auf einen anderen. Wer einen Begriff kennt, kennt damit auch andere Begriffe. Diese These ist als „semantischer Holismus“ bekannt. Sie besagt, dass man nur dann imstande sein kann, einen Begriff zu verwenden, wenn man eine ganze Reihe von Begriffen verwenden kann, die mit diesem Begriff in logischen Beziehungen stehen. Quelle: „Der Sinn des Denkens“ von Markus Gabriel

Von Hans Klumbies

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