Im digitalen Computernetz werden nicht nur Subjekte, sondern auch Objekte und Dinge singularisiert. Und zwar auf zwei Wegen. Entweder geschieht das maschinell-algorithmisch oder durch die Subjekte mit Hilfe der digitalen Instrumente. Andreas Reckwitz erläutert: „Das wichtigste Beispiel für den ersten Weg ist das, was häufig unter der Überschrift >Personalisierung des Internets< verhandelt wird. Der zweite Weg ergibt sich vor allem als ein Effekt der Handhabung der Software, der >Softwarisierung< der Objekte.“ Im ersten Fall handelt es sich bei den Objekten um das Insgesamt des Netzes, wie es sich dem Nutzer darbietet. Im letzteren Fall geht es um einzelne digitale Objekte – Texte, Bilder etc. – oder auch materielle Dinge. Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.
Google und Facebook erstellen Beobachtungsprofile
Suchmaschinen und Plattformen wie Google und Facebook erstellen Beobachtungsprofile der Nutzer. Dadurch ist es ihnen möglich via Feedback zu beeinflussen, in welcher Auswahl und welchem Arrangement sich das Internet dem einzelnen Nutzer darbietet. In diesem Sinne personalisiert beziehungsweise singularisiert sich das Netz durch die Algorithmen . Die Subjekte sehen sich sozusagen einer maßgeschneiderten kulturellen Umwelt gegenüber. Diese versucht, sich so weit wie möglich ihrer aktuellen Struktur von Wünschen und Interessen anzupassen.
Es gibt gegenwärtig zwei besonders erfolgreiche Ausformungen dieser Singularisierung. Die erste findet sich im Newsfeed von Facebook und die zweite in der Art und Weise, wie Google Suchergebnisse darbietet. Für viele Nutzer fungiert der Newsfeed von Facebook als eine Art Fenster zu ihrer digitalen Umwelt oder gar zur kulturellen Welt insgesamt. Das, was er sieht, wenn er durch dieses Fenster blickt, ist jedoch ein auf ihn zugeschnittenes kulturelles Universum.
Ein Beobachtungsprofil legt Google via Pfad-Tracking an
Ähnlich arbeitet die Suchmaschine Google, aus deren Perspektive die digitale Welt grundsätzlich den Status einer Datenbank hat. Wie alle Datenbanken wird auch diese für die Nutzer nie in ihrer Gesamtheit sichtbar. Sie gegen Informationen immer nur relativ zu einer spezifischen Suchanfrage aus. Ein Nutzer sucht mit Hilfe einer Suchanfrage nach Informationen auf Google. Dann folgt die Reihenfolge der gefundenen Seiten aber nicht nur dem „page rank“, das heißt der Häufigkeit der Verlinkung dieser Seiten.
In die Ordnung der Einträge geht vielmehr zugleich indirekt das spezifische Beobachtungsprofil des Nutzers ein. Dieses hat Google via Pfad-Tracking angelegt. Infolgedessen beeinflussen seine bisherigen Präferenzen das, was ihm das Netz via Google präsentiert. Die Anordnung der Suchprofile und damit das, was für ihn überhaupt sichtbar wird, versucht hier den bisherigen Interessen des Nutzers möglichst gut zu entsprechen. Die Portale Facebook und Google verwandeln somit auf maschinelle und algorithmische Weise die im Prinzip universale kulturelle Welt des Netzes in unzählige singularisierte Umwelten. Quelle: „Die Gesellschaft der Singularitäten“ von Andreas Reckwitz
Von Hans Klumbies