Nachhaltigkeit ist ein umfassendes Konzept

Das neue Denken über die Nachhaltigkeit ist unzureichend. Katia Henriette Bachhaus erläutert: „Darüber nachzudenken, wie die Welt und ihre Menschen nachhaltiger werden könnten, ist zu wenig für das, was Nachhaltigkeit verlangt. Denn das Konzept der Nachhaltigkeit ist so sehr ein theoretisches wie ein praktisches. Und nachhaltige Praxis reicht von politischer Gesetzgebung bis in den individuellen Alltag hinein.“ Die Bedeutung der praktischen Seite der Nachhaltigkeit wird jedoch von politiktheoretischen und umweltethischen Ansätzen zuweilen vernachlässigt. Manche Autoren sprechen von einer regelrechten Lücke zwischen der Theorie ökologischer Werte und einer ökologischen Handlungstheorie. Doch das praktische Veränderungen aus theoretischer Überzeugung geschehen, ist eine zu große Hoffnung. Katia Henriette Backhaus hat an der Universität Frankfurt am Main promoviert. Sie lebt in Bremen und arbeitet als Journalistin.

William A. Duerr definiert die Nachhaltigkeit

Eine rein praktische oder gar pragmatische Herangehensweise an die ökologische Krise hingegen läuft Gefahr, ihre Ursachen und verstärkenden Faktoren zu übersehen. Nachhaltigkeit kann man schlussendlich nur dann erreichen, wenn man sie im theoretischen und im praktischen Sinne denkt und umsetzt. In dem Buch „Nachhaltige Freiheit“ von Katia Henriette Backhaus steht der theoretische Zugang im Fokus. Gleichzeitig möchte sie aber zeigen, dass in der Begriffsgeschichte und den verschiedenen Facetten der Nachhaltigkeit immer wieder Verbindungen zu Fragen der praktischen Umsetzung bestehen.

Vom 18. Jahrhundert ausgehend lässt sich bis in die Gegenwart zeigen, dass politische, moralische und ökonomische Perspektiven ein facettenreiches Bild der Nachhaltigkeit entwerfen. Der amerikanische Forstwissenschaftler William A. Duerr definiert Nachhaltigkeit wie folgt: „Um unsere Verpflichtung gegenüber unseren Nachkommen zu erfüllen und um unser Gemeinwesen zu stabilisieren, sollte jede Generation ihre Ressourcen auf einem hohen Niveau erhalten und sie unverringert weitergeben.“

Drei Perspektiven beleuchten die Nachhaltigkeit

William A. Duerr fährt fort: „Den nachhaltigen Ertrag an Holz zu sichern ist ein Aspekt der fundamentalsten Pflicht des Menschen das Leben selbst zu erhalten.“ Diese Definition ist für Katia Henriette Backhaus ein anschauliches Beispiel für die These, dass man Nachhaltigkeit grundlegend aus drei unterschiedlichen Perspektiven betrachten kann. Nämlich aus der politischen, der moralischen und der ökonomischen. Katia Henriette Backhaus These nach treten erstens die drei Perspektiven in der gesamten Entwicklung des Nachhaltigkeitsbegriffs immer wieder auf.

Und zweitens stellt der Konflikt zwischen der ökonomischen und der moralischen Perspektive schließlich in den 1980er-Jahren die Weichen für die Trennung der Konzepte „nachhaltige Entwicklung“ und „Nachhaltigkeit“. Allen drei Perspektiven ist dabei gemein, dass sich auf das Verhältnis von Mensch und Natur beziehen. Dieses bildet demzufolge den Dreh- und Angelpunkt des Begriffs. Die ideengeschichtliche Untersuchung der Nachhaltigkeit beginnt weit vor der Mitte des 20. Jahrhunderts. Quelle: „Nachhaltige Freiheit“ von Katia Henriette Backhaus

Von Hans Klumbies