Wanderungen an Flüssen präsentieren Facetten der Flussnatur. Sie fassen Vertrautes, Gewohntes in Beispiele, die jedoch längst nicht alles umfassen, was wichtig ist, um die Flussnatur zu verstehen. Angler werden kritisieren, dass Fische bisher in dem Buch „Flussnatur“ so gut wie nicht vorkamen, obwohl diese für sie das Wichtigste sind. Die Schifffahrt verweist auf die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Flüsse als Wasserstraßen und auf Schiffe als energiegünstiges Transportmittel. Josef H. Reichholf fügt hinzu: „Die Landwirtschaft fordert von der Gesellschaft, dass ihr sowohl Verluste durch Überschwemmungen als auch Ausfälle durch Dürre erstattet werden.“ Weil sie, gerade so wie die Schifffahrt und die Angler, von zuverlässiger Beständigkeit der Bedingungen ausgehen will. Josef H. Reichholf lehrte an der Technischen Universität München 30 Jahre lang Gewässerökologie und Naturschutz.
Fließgewässer bilden mit Auen eine ökologische Funktionseinheit
Aus Flüssen wird direkt oder indirekt Trinkwasser entnommen. Die Wasserreinhaltung gehört daher zu den zentralen Aspekten im Umgang mit Fließgewässern. Sauberes, hygienisch einwandfreies Wasser sollen die Flüsse für Freizeit und Erholung garantieren. Zudem, gewiss nicht zuletzt, sind sie Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen, nicht nur für Fische. Mit ihren Auen bilden die Fließgewässer eine ökologische Funktionseinheit. All dies ist vielen Menschen zwar grundsätzlich geläufig, aber dennoch nicht so bewusst, wenn es um die Beurteilung von Maßnahmen oder Eingriffen geht.
Wobei ohnehin meist die eigene Sichtweise die Bezugsbasis mehr oder weniger stark bestimmt. Auch unter Naturschützern, für die sich Angler ebenso halten wie Vogelschützer und dennoch in heftige Konflikte zueinander geraten. Im „Sommerabend am Wildfluss“ gibt es das Phänomen des kurzzeitigen Massenschlüpfens und Schwärmfluges von Eintagsfliegen. In den sogenannten alten Zeiten trat dieses Phänomen regelmäßig und an allen Flüssen und größeren Bächen auf. Der Name Eintagsfliege nimmt darauf Bezug.
Die Stauseen des unteren Inns stehen unter Naturschutz
Es gibt auch andere Formen des synchronisierten Massenschlüpfens, die nur nicht so auffällig sind wie bei den Eintagsfliegen. In „An der Isar in München“ schildert Josef H. Reichholf, was man in jeder Stadt beobachten kann, wenn sie an einem Fluss liegt. An den Vögeln und den Bibern sieht man, dass Tiere sehr wohl sogar in ziemlich denaturierter Flussnatur leben können. Und dies in oft größerer Menge als draußen in der sogenannten freien Natur.
Absichtlich verpackt hat Josef H. Reichholf diesen Aspekt in der Schilderung zum „unteren Inn“. Denn es handelt sich dort um für mitteleuropäische Verhältnisse vier große Stauseen. Sie stehen unter Naturschutz und zählen zu den „Feuchtgebieten von internationaler Bedeutung“, obwohl es sich bei dem rund 50 Kilometer langen Teilstück des Inns nicht um einen Wildfluss handelt. Dort existiert jedoch ein außerordentlicher Reichtum an Tierarten in naturwüchsigen Auwäldern. Quelle: „Flussnatur“ von Josef H. Reichholf
Von Hans Klumbies