Die Stoiker bestimmen den Affekt als falsches Urteil

Theorie und Analyse in der Philosophie und Rhetorik des 17. und 18. Jahrhunderts wären ohne die Vorarbeit des Aristoteles nicht möglich gewesen. Er hat zwar seinen Gedanken keine systematische Form gegeben, aber über die Affekte quasi nebenbei in seinen Schriften wie der „Nikomachischen Ethik“, „Rhetorik“ und „De anima“ reflektiert. In ihnen ist die Formulierung vom Erleidnis der Seele zentral. Aristoteles entwirft eine Bewegungstheorie mit den Kategorien Aktivität und Passivität, die besonders in seiner Schrift „De anima“ entfaltet wird. Danach besitzt die Seele des Menschen ein wahrnehmendes, denkendes und bewegendes Vermögen, Streben und Vorstellungskraft. In der Ethik geht es Aristoteles um Mäßigung, den Ausgleich zwischen extremen Handlungen oder Affekten. Das „Erleidnis der Seele“ ist ein Bewegtwerden der Seele mit eigener Aktivität und mit dem Körper geteilter Passivität.

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Emotionen haben große Macht über das Handeln der Menschen

Schon seit der Antike wurde in der Philosophie und Rhetorik über die Emotionen nachgedacht. Ihnen wurde große Macht über das Handeln der Menschen zugeschrieben. Die Affekte wurden vor allem als „passio animae“ und als „appetitus sensitivus“, als Leidenschaft und als sinnliches Strebevermögen der Seele aufgefasst. Seit der Antike bemüht man sich auch um eine Art ausdifferenzierter Nomenklatur. Von Aristoteles über Cicero, Thomas von Aquin bis hin zu Immanuel Kant finden sich Versuche der Bestimmung, der Hierarchisierung und der Ausdifferenzierung der Affekte. Das Wissen über die Emotionen dient der Selbstführung und der Herrschaft. Vor dem Jahr 1800 wurde eine kontinuierliche Diskussion über die Affekte geführt. Danach bricht zumindest das philosophische Interesse an Lehren über Affekte ab. Die Emotionen werden nun zu einem wichtigen Arbeitsgebiet der entstehenden Psychologie.

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Klaus Hurrelmann erforscht die Befindlichkeiten der Jugend

Der 71-Jährige Klaus Hurrelmann reist durch Deutschland, um den Menschen ihren Nachwuchs zu erklären. Er ist der bekannteste Jugendforscher der Republik und seine Ansichten sind gefragter denn je. Der Soziologe Klaus Hurrelmann ist Fachmann für Bildungsthemen – Pädagogikstudenten müssen zum Beispiel seine Modelle für ihre Prüfungen lernen. Der Bildungsexperte ist Mitherausgeber der Shell-Jugendstudie, die im Auftrag des Mineralölkonzerns seit 1953 alle paar Jahre die deutsche Jugend durchleuchtet. Außerdem ist er mitverantwortlich für eine Finanzstudie über die Alterssicherung junger Leute und für eine Ausbildungsstudie im Auftrag von McDonald´s. Daneben ist Klaus Hurrelmann einer von acht Wissenschaftlern im Expertenbeirat Demografie, der sich dreimal im Jahr mit Innenminister Thomas de Maizière trifft, um ihn bei der Lösung eines der größten Probleme Deutschlands zu beraten – die Überalterung der Gesellschaft.

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Johann Gottlieb Fichte war einer der größten Denker aller Zeiten

Der deutsche Idealismus ist für Vittorio Hösle die intellektuell anspruchsvollste Philosophie gewesen, die das Land bis zu diesem Zeitpunkt hervorgebracht hat. Zudem gelang es ihm, nahezu alle innovativen Leistungen der früheren deutschen Philosophie in Form eines Systems, der komplexesten Gestalt des philosophischen Denkens, zu integrieren. Vittorio Hösle fügt hinzu: „Die religiöse Motivation der drei Hauptfiguren, die alle Theologie studiert hatten, trug dazu bei, dass eine weltgeschichtlich neue Form philosophischer Religiosität entstand, die das deutsche, zumal protestantische, aber in Ansätzen auch katholische Bildungsbürgertum des 19. Jahrhunderts nachhaltig prägte.“ Die drei entscheidenden Denker des deutschen Idealismus waren Johann Gottlieb Fichte (1762 – 1814), Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775 – 1854) und Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 – 1831). Vittorio Hösle ist Paul Kimball Professor of Arts and Letters an der University of Notre Dame (USA).

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Bei der Partnerwahl sollte der Mensch auf seine Nase achten

Sonia Laszlo macht auf eine wenig beachtete Quelle des Glücks aufmerksam: die menschliche Nase. Gerüche als Faktoren des Glücks bringen den Menschen näher an seine Urvorfahren in ihm als viele seiner anderen Sinne. Patrick Süskind schreibt zum Beispiel in seinem Buch „Das Parfüm“: „Und mitten hinein in sie ging der Duft, direkt ans Herz, und unterschied dort kategorisch über Zuneigung, Verachtung, Ekel oder Lust, Liebe oder Hass.“ Die Reaktion auf einen Geruch, die einem Menschen in die Nase steigt, stellt sich sofort ein. Viele Gerüche, vor allem die aus der Kindheit, manchen viele Menschen glücklich. Die Kommunikationswissenschaftlerin und Schauspielerin Sonia Laszlo befasst sich mit dem „Glücklichsein“ und Film in Europa sowie in den USA. Die Journalistin ist in Medien und am Institut für Europäische Glücksforschung tätig, Gastvortragende an Universitäten und schreibt an ihrer Dissertation.

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Karlheinz A. Geißler kritisiert die Fortschrittsgläubigkeit

Seit seinem Auftauchen vor rund 250 Jahren treibt der Fortschritt die Menschen mit dem Slogan „Vorwärts immer – rückwärts nimmer“ an. Karlheinz A. Geißler glaubt, dass er dies auch in Zukunft tun wird, da er keine Spur von Ermüdungserscheinungen an ihm erkennen kann, selbst wenn der Glaube an die Einlösung seiner Versprechungen in letzter Zeit abgenommen hat. Damit es mit dem Fortschritt weiter und immer weiter geht, dafür sorgen vor allem der Kapitalismus und jene Personen, Gruppen und Institutionen, die von ihm profitieren. Karlheinz A. Geißler nennt sie beim Namen: „Dazu zählen an erster Stelle Techniker, Ingenieure, Architekten, Mediziner, Politiker, aber auch Lehrer und Lehrerinnen, Berater und Beraterinnen sind dabei.“ Professor Dr. Karlheinz A. Geißler lehrt, lebt und schreibt in München. Eine der amüsantesten Erfindungen der Menschheit, die Zeit, hat er zu seinem Lebensthema gemacht.

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Ernst Fraenkel seziert die Rolle des deutschen Parlaments

Im Gegensatz zum englischen beruht das kontinentaleuropäische parlamentarische Denken laut Ernst Fraenkel auf dem Gedanken der Delegation. Er zitiert L.S. Amery, der in seinem Buch „Thoughts on the Constitution“ diesen Gegensatz mit provozierender Schärfe herausgearbeitet hat. Dieser hat zwar das britische Regierungssystem ausdrücklich als Demokratie bezeichnet, aber auch gesagt: „Es ist eine Demokratie, die nicht auf Delegation, sondern auf Zustimmung beruht.“ Nach den dem kontinentaleuropäischen parlamentarischen Regierungssystem zugrunde liegenden Vorstellungen delegiert das Volk seine Machtbefugnisse seinen gewählten Repräsentanten, dem Parlament, und das Parlament delegiert sie der Regierung mit der Wirkung, dass das Volk sich durch Vermittlung seines Parlaments selbst regiert. Das Parlament präsentiert also einen vorgegebenen Allgemeinwillen des Volkes. Es ist nur dazu berufen, diesen zu finden, aber nicht zu formen.

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Rettung und Gefahr gehen in Europa fließend ineinander über

Konrad Paul Liessmann stellt sich die Frage, ob sich das europäische Projekt durch folgende Formulierung beschreiben ließe: „Eine fließende Grenze zwischen Rettung und Gefahr.“ Seiner Meinung nach lässt sich zurzeit nirgendwo das Wechselspiel zwischen Grenzaufhebung, Grenzüberschreitung und Grenzziehung so gut studieren wie in Europa. Das Projekt der Europäischen Union lebt laut Konrad Paul Ließmann in hohem Maße vom Pathos der gefallenen und fallenden Grenzen, andererseits wird allmählich aber deutlich, dass dieses Projekt nur eine politische Zukunft hat, wenn Grenzen gezogen werden. Er erklärt: „Die Bedeutungslosigkeit alter europäischer Binnengrenzen korrespondiert so nachdrücklich mit der für viele so unüberwindlichen Schranke, die durch die Schengen-Grenze aufgerichtet ist.“ Konrad Paul Liessmann ist Professor für Philosophie der Universität Wien. Zu seinen bekanntesten Büchern zählen „Die Theorie der Unbildung“ und „Das Universum der Dinge.“

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