Nicht jede Gleichförmigkeit ist schädlich

Einige Formen des Andersseins sind zu begrüßen, andere dagegen nicht. Es ist nicht im Mindesten irrational, gelegentlich Furcht vor dem anderen zu haben. Vielleicht muss man erst einmal feststellen, ob seine Absichten freundlich oder feindlich sind. Terry Eagleton weiß: „Nur sentimentale Schwärmer meinen, man müsse Fremde immer in die Arme schließen. Einige dieser Fremden kennt man unter der Bezeichnung Kolonialisten.“ Die meisten Kulturtheoretiker glauben nicht nur an eine Pluralität der Lebensweisen, sondern auch daran, dass diese sich hybrid mischen müssten. In ethnischen Fragen wäre Hybridität sicherlich ein Vorteil, aber das trifft nicht überall zu. Nicht alle Gleichförmigkeit ist schädlich. Der Literaturwissenschaftler und Kulturtheoretiker Terry Eagleton ist Professor für Englische Literatur an der University of Manchester und Fellow der British Academy.

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Elias Canetti setze Massen immer in Beziehung zu möglicher Gewalt

Nicht überall, wo von Schwärmen gesprochen wird, ist auch die biologische Kategorie gemeint. Ersatzweise ist von den „vielen“ die Rede oder von „Crowds“. Das verweist darauf, dass der Begriff „Schwarm“ gegenwärtig synonym für das benutzt wird, was sonst „Masse“ heißt. Das ist zwar wissenschaftlich nicht ganz sauber, aber auf der Beschreibungsebene durchaus sinnvoll. Georg Milzner erläutert: „Und zwar weil Schwarm und Masse anders als geleitete Gruppen ohne Führung funktionieren. Sie bewegen sich aus sich selbst heraus.“ Aber will man das – Masse sein? Der Begriff „Massengeschmack“ hat ja durchaus einen abwertenden Unterton. Der Schriftsteller Elias Canetti hat mit seinem Buch „Masse und Macht“ einen der wichtigsten Beiträge zum Verständnis der Massen geliefert. Georg Milzner ist Diplompsychologe und arbeitet in eigener Praxis als Psychotherapeut.

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Die Nationalsozialisten ergriffen am 30. Januar 1933 die Macht

Ausschlaggebend für die Machteroberung der Nationalsozialisten 1933 in Deutschland waren vor allem zwei Faktoren: zum einen das stete Hinarbeiten der nationalkonservativen Führungsgruppen auf eine autoritäre, nicht parlamentarisch gebundene Elitendiktatur; zum anderen die Tatsache, dass nach dem abermaligen Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft ein wachsender Teil der Gesellschaft das Vertrauen in das politische System von Weimar verloren hatte und entschlossen war, radikalere und zukunftsträchtigere Alternativen auszuprobieren. So wurde am 30. Januar 1933 die neue Regierung vereidigt, der allerdings nur drei Nationalsozialisten angehörten. Adolf Hitlers Regierungserklärung unterschied sich in der Sache nicht wesentlich von denen seiner Vorgänger. Ulrich Herbert erklärt: „Überwindung von Massenarbeitslosigkeit und Agrarkrise; Reform des Verhältnisses von Reich, Ländern und Kommunen; Fortsetzung der Sozialpolitik und Wiederherstellung der außenpolitischen Gleichberechtigung Deutschlands – das waren die wesentlichen Programmpunkte.“ Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Adolf Hitler propagiert die Einheit des deutschen Volkes

Dass es dem neuen Regime unter Adolf Hitler in weniger als einem Jahr gelungen war, einen vollständigen Systemwechsel vorzunehmen, der alle Elemente einer Revolution in sich trug, und dass diese Politik im offenbar überwiegenden Teil der Bevölkerung als außerordentlich erfolgreich angesehen wurde – dies war ein Vorgang von so enormer Wucht und emotionaler Intensität, dass er bereits von den Zeitgenossen in- und außerhalb Deutschlands als Epochenbruch empfunden wurde. Ulrich Herbert erklärt: „Der zentrale Begriff, unter dem die neue Regierung Hitler am 1. Februar 1933 ihr Programm gestellt hatte, war derjenige der Volksgemeinschaft.“ Die oberste Aufgabe der Regierung sei es, über Stände und Klassen hinweg die geistige und willensmäßige Einheit des deutschen Volkes wieder herzustellen. Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Moderne Ideologien sind Konzepte der Weltdeutung

Die radikale Veränderung der Welt in den zwei Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg wurde von der bürgerlichen Gesellschaft als Krise und Bedrohung empfunden. Dies führte vor allem in Deutschland zum Aufkommen nicht minder radikaler Antworten auf die Verunsicherung. Ulrich Herbert erklärt: „Das schlug sich im Aufschwung der großen politischen Ideologien nieder, die im Zuge des Aufstiegs der Massengesellschaft so viele Menschen wie nie zuvor mobilisierten.“ Dabei ist zu bedenken, dass es sich bei modernen Ideologien um Konzepte der Weltdeutung handelt. Sie erläutern die komplexen Verhältnisse auf eingängige und einleuchtende Weise, heben dabei auf eindeutige Verursacher ab und bieten so Anleitungen für das Handeln und gewähren Sicherheit im Verhalten. Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Der Extremsport ist zu einer Massenbewegung geworden

Sie kommen aus allen Berufsgruppen und aus allen Altersklassen: Menschen, die für eine kurze Zeit ein Held sein wollen und deshalb extrem leben. Sie stürzen sich zum Beispiel mit Fallschirmen von Hochhäusern, klettern zugefrorene Wasserfälle hinauf oder tummeln sich in ganzen Rudeln auf den höchsten Berggipfeln der Welt. Extremsport gilt mittlerweile als chic und ist schon lange nicht mehr elitär. Dennoch wollen Extremsportler sich und anderen beweisen, dass sie einzigartige Geschöpfe sind. Karl-Heinrich Bette, Sportsoziologe an der Technischen Universität Darmstadt, erklärt: „Extremsport dient in erster Linie der Inszenierung von Individualität. Es reicht heute nicht mehr aus, ein Kind zu zeugen, ein Haus zu bauen, einen Baum zu pflanzen – der moderne Mensch hält sich offensichtlich erst dann für wertvoll, wenn er allein die Welt umsegelt oder den Mount Everest bezwungen hat.“

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