Reiche Menschen kann man leicht erkennen

Morgan Housel möchte klar zwischen vermögend und reich unterscheiden. Es geht dabei nicht um reine Semantik. Er betont: „Unzählige finanzielle Fehlentscheidungen rühren daher, dass Menschen den Unterschied nicht kennen.“ Reich bezieht sich auf ein aktuelles Einkommen. Jemand, der ein 100.000 Dollar Auto fährt, ist ziemlich sicher reich. Denn selbst wenn er es auf Kredit finanziert hat, braucht er ein gewisses monatliches Einkommen, um die Raten stemmen zu können. Das Gleiche gilt für Menschen, die in großen Häusern leben. Reiche lassen sich leicht ausmachen. Oft tun sie sogar alles, damit man sie als solche erkennt. Vermögen hingegen ist verborgen. Es besteht aus nichtausgegebenen Einkommen. Vermögen ist die noch nicht wahrgenommene Option, später in der Lage zu sein, etwas kaufen zu können. Morgan Housel ist Partner bei der Risikokapitalgesellschaft The Collaborative Fund.

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Protektionismus wirkt sich immer negativ aus

Protektionistische Maßnahmen helfen weder den USA noch den von der Deindustrialisierung betroffenen Arbeitnehmern. Sie können sich aber durchaus negativ auf die Handelspartner der Vereinigten Staaten und die Weltwirtschaft auswirken. Joseph Stiglitz betont: „Während der letzten 70 Jahre hat die internationale Gemeinschaft eine regelbasierte Ordnung geschaffen, die Handel und Zusammenarbeit fördert. Die USA spielten beim Aufbau dieses Systems eine zentrale Rolle.“ Die Vereinigten Staaten haben dies nicht aus Uneigennützigkeit getan, sondern weil sie überzeugt waren, eine solche Ordnung sei besser für die ganze Welt, die USA eingeschlossen. Man glaubte, Handel und Austausch würden das gegenseitige Verständnis über Grenzen hinweg fördern. Und dies werde den Frieden festigen und Kriege, die eine Geißel des 20. Jahrhunderts waren, unwahrscheinlicher machen. Joseph Stiglitz war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford. Er wurde 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.

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Menschen müssen in Sicherheit leben können

Beim zivilcouragierten Handeln geht es um die Beibehaltung einer Zivilgesellschaft. Zudem geht es um die Verteidigung der Menschenrechte, um die Bewahrung der Demokratie und um den Schutz von Opfern durch Diskriminierung. Klaus-Peter Hufer ist besorgt: „Beides ist gefährdet, im Alltag, in der Gesellschaft und in der Politik – und durch diese. Menschen müssen in Würde, Sicherheit und Freiheit leben können – dafür muss immer gesorgt werden, muss wachsam hingeschaut und entschieden gehandelt werden.“ Die Probleme beginnen bei individuellen Beleidigungen und setzen sich fort über Mobbing beim Arbeitsplatz. Des Weiteren kommt es zu öffentlichen Pöbeleien und Behinderungen von beispielsweise Rettungskräften bei ihren Einsätzen. Klaus-Peter Hufer promovierte 1984 in Politikwissenschaften, 2001 folgte die Habilitation in Erziehungswissenschaften. Danach lehrte er als außerplanmäßiger Professor an der Uni Duisburg-Essen.

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Jeder kann die sokratische Methode anwenden

Ward Farnsworth stellt in seinem Buch „Die sokratische Methode“ eine Denkweise vor, die bis heute ein ausgezeichnetes Mittel darstellt, Klugheit zu erlangen und Dummheit zu bekämpfen. Der Autor betont diese Tatsache ausdrücklich, denn viele Menschen betrachten die sokratische Methode als eine Lehrweise. Ward Farnsworth schreibt im Vorwort: „Das vorliegende Buch ist ein praktisches Handbuch, und seine erste Lektion lautet, dass jeder, der es möchte, seine Methoden anwenden kann.“ Es ist aber genauso gut eine praktische Einführung in die erstaunliche sokratische Philosophie, die keine eindeutigen Antworten auf die großen Fragen gibt. Sie ist vielmehr eine Anleitung dazu, wie man „große“ Fragen stellt und ihnen nachgehen kann. Ward Farnsworth war Dekan an der University of Texas School of Law und ist dort am John-Jeffers-Forschungslehrstuhl tätig.

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Das „Gefühl des Absurden“ ist total berechtigt

Die französische Schriftstellerin und Philosophin Simone de Beauvoir (1908 – 1986) beschrieb, wie insbesondere Frauen sich selbst fremd werden. Das ist vor allem dann der Fall, wenn man sie gesellschaftlich aus der Norm ausschließt und sie stattdessen als das „andere“ Geschlecht aufwachsen. Für sie seien Sinnkrisen geradezu vorprogrammiert. Immerhin sah Simone de Beauvoir auf dieser Ebene einen möglichen Ausweg. Christian Uhle ergänzt: „Demgegenüber betonte Albert Camus, dass auf einer noch tieferen Ebene, jenseits gesellschaftlicher Machtverhältnisse, sämtliche Menschen mit dem gleichen Schicksal konfrontiert sind.“ Er nannte die Empfindung sinnsuchender Menschen das „Gefühl des Absurden“. Und dieses Gefühl erklärte er für absolut berechtigt, ja, zutreffend. Denn es entspringe der Bereitschaft, das eigene Leben durch einen klaren, unverfälschten Blick zu sehen als das, was es ist: absurd. Das Anliegen des Philosophen Christian Uhle ist es, Philosophie in das persönliche Leben einzubinden.

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Die Erde benötigt die Empathie der Menschheit

Die Erde liegt im Fieber. Die Erwärmung der Erdoberfläche zwischen 1970 und heute beträgt 1 Grad Celsius. Chronisch erhöhtes Fieber ist nicht nur bei Menschen ein prognostisch schlechtes Zeichen. Fieber ist ein Hinweis darauf, dass im Inneren des Körpers eine Störung vorliegt. Joachim Bauer fügt hinzu: „Das Gleiche gilt für die erhöhte Temperatur des Organismus … Weiterlesen

Tauben unterscheiden charakteristische Merkmale

In seiner Doktorarbeit hat Ludwig Huber Versuche mit Tauben beschrieben, die Kategorisierungen mithilfe von Wahrnehmungskonzepten vornehmen. Er konnte zeigen, dass diese Vögel sehr schnell komplexe Reizklassen nach von ihm vorgegebenen Kriterien unterscheiden und nach den von ihm festgelegten Kategorisierungsregeln einordnen konnten. Wie Ludwig Huber mit vielen weiteren Versuchen mit Tauben zeigen konnte, verfügen diese über … Weiterlesen

John Locke nimmt den Menschen unter die Lupe

Der Engländer John Locke (1632 – 1704) nimmt auf experimentalwissenschaftlicher und medizinischer Basis das Studienobjekt Mensch genauer unter die Lupe. Seine Forschungsobjekte: alles was sich bewegt. Sein Hauptinteresse: zu begreifen, wie die Mechanik der menschlichen Reaktionsweisen funktioniert. Er wollte erkennen, was es heißt, wenn einer denkt oder wenn einer denkt, er würde denken. Jürgen Wertheimer weiß: „Obwohl er an der Universität Oxford studierte und lehrte, blieb er nicht völlig dem Wissenschaftsbetrieb verhaftet. Er arbeitete als Lordkanzler, als Hausarzt, Erzieher und veröffentlichte während dieser Zeit ein umfangreiches Werk.“ Allerdings brachten John Locke seine Schriften nicht nur Ruhm ein. So wurde er aus dem Christ-Church-College ausgeschlossen. In Oxford beschuldigten ihn mehrere Professoren einer zweifelhaften Gesinnung. Jürgen Wertheimer ist seit 1991 Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Komparatistik in Tübingen.

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Die Polarisierung der Meinungen ist extrem

Es ist nicht zielführend, wenn man in der öffentlichen Diskussion und auch in den Medien immer häufiger extreme Standpunkte vernimmt. Hans-Jürgen Papier kritisiert: „Das hat teilweise verschwörungstheoretische Züge angenommen. Dies schlägt sich besonders in den Kommentarspalten und in den sozialen Medien nieder.“ Eine bemerkenswerte Wirkung hiervon ist die extreme Polarisierung von Meinungen und ihren Trägern. Diese sind oftmals nicht mehr in der Lage, über Argumente zu kommunizieren. An die Stelle demokratisch verfasster Auseinandersetzung treten dann schnell offen geäußerter Hass und unüberbrückbare Freund-Feind-Schemata. Das ist eine Entwicklung, die man seit den Hochzeiten der PEGIDA-Demonstrationen in Dresden kennt. Ein Teil der Social-Media-Nutzer wird zu Fans, zu Followern starker Männer und ihrer Systeme. Prof. em. Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier war von 2002 bis 2014 Präsident des Bundesverfassungsgerichts.

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Politische Umwälzungen hat es schon immer gegeben

Politische Umwälzungen wie die heutigen, die Familien und Freundschaften zerreißen, gesellschaftliche Klassen spalten und Bündnisse sprengen, hat es schon immer gegeben. Ein besonders lehrreiches Beispiel ist eine Affäre im Frankreich des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Dieses nahm viele Debatten des 20. Jahrhunderts vorweg und hält noch den Auseinandersetzungen des 21. Jahrhunderts einen Spiegel vor. Anne Applebaum blickt zurück: „Die Dreyfus-Affäre begann 1894 mit der Erkenntnis, dass es in den Reihen der französischen Armee einen Verräter geben musste. Irgendjemand gab Informationen an die Deutschen weiter, die gut zwei Jahrzehnte zuvor Frankreich besiegt und die Departments Elsass und Lothringen besetzt hielten.“ Anne Applebaum ist Historikerin und Journalistin. Sie arbeitet als Senior Fellow an der School of Advanced International Studies der Johns Hopkins University.

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Jede nationale Geschichte Europas hat denselben Grundgedanken

Persönliche Erinnerungen, angefangen mit denen an die Hölle, die sich die Europäer auf Erden geschaffen haben, gehören zu den stärksten Triebkräften für alles, was Europa seit 1945 getan hat und geworden ist. Timothy Garton Ash nennt das den Erinnerungsmotor. Mehrere Generationen von Baumeistern Europas haben den Kontinent zu dem gemacht, was er zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist. Wenn man sich anschaut, welche Argumente man für die europäische Integration in den verschiedenen Ländern von den 1940er bis zu den 1990er Jahren vorbrachte, scheint jede nationale Geschichte auf den ersten Blick sehr unterschiedlich zu sein. Aber wenn man etwas tiefer gräbt findet man immer denselben Grundgedanken. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Geld ist ein gesellschaftliches Instrument

Im Studium wurde Thomas Mayer, wie bis heute allen angehenden Volkswirten, kurz und knapp erklärt, Geld sei ein Mittel zum Tausch, zur Wertaufbewahrung und eine Rechnungseinheit. Lange Zeit hat der Ökonom die apodiktische Behauptung nicht weiter hinterfragt. Thomas Mayer weiß: „Doch so einfach ist es nicht. Geld ist ein gesellschaftliches Instrument, dessen Komplexität oft nicht verstanden wird.“ In der wissenschaftlichen Literatur lassen sich zur Natur des Geldes zwei unterschiedliche Theorien finden. Nämlich eine ökonomische und eine anthropologisch-historische. Der bekannteste Vertreter der ökonomischen Auffassung des Geldes ist der schottische Moralphilosoph und Ökonom Adam Smith. Er schuf im 18. Jahrhundert das theoretische Gerüst für die heute gültige Lehre der Ökonomie. Thomas Mayer ist promovierter Ökonom und ausgewiesener Finanzexperte. Seit 2014 ist er Leiter der Denkfabrik Flossbach von Storch Research Institute.

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Der Kapitalismus strebt nach Umsatz und Gewinn

In der Logik des Kapitalismus ist Umsatz und Gewinn zu steigern grundsätzlich gut. Und das inwendige Gesetz zwingt zu einem Schneller, Höher, Weiter und Mehr. Richard David Precht stellt fest: „Die dazugehörige Mentalität ist der Egoismus, der jeden Marktteilnehmer gegenüber anderen abgrenzt, ihn stärkt und das Wachstum antreibt.“ Ökonomisch ist das in sich schlüssig. Allerdings besteht die Welt nicht nur aus einer solchen Logik. Sondern es existiert auch eine Psychologik mit völlig anderen Bedürfnissen. Nämlich nach Anerkennung und Liebe, zum Beispiel, die nicht eins zu eins mit Geld aufzuwiegen sind. Die Menschen sehnen sich nach Freundschaft, nach einem harmonischen Sozialleben und nach einer Gesellschaft, in der sie gerne leben möchten. Der Philosoph, Publizist und Autor Richard David Precht einer der profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

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Allein der Kompass der Vernunft führt zum Glück

Sarah Bakewell macht in ihrem neuen Buch „Wie man Mensch wird“ ihre Leser unter anderem mit den italienischen Humanisten bekannt, die vor rund 700 Jahren auf die Idee kamen, dass der Mensch im Kern gut und frei ist. Zudem kann er auf der Suche nach Glück allein mit dem Kompass der Vernunft durch stürmische Zeiten steuern. Sarah Bakewell beschreibt, wie inspirierend deren Neugierde, Forschergeist und Optimismus bis in die Gegenwart gewirkt haben, trotz aller Anfeindungen durch Theologen, Tyrannen und Ideologen. Die Autorin erzählt von den mutigen Lebenswegen und überraschenden Entdeckungen der Humanisten und geht so deren großer Frage nach, wie man Mensch wird. Sarah Bakewell lebt als Schriftstellerin in London, wo sie Creative Writing an der City University lehrt und für den National Trust seltene Bücher katalogisiert.

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Unterdrückung passt nicht mehr in diese Welt

Die Menschheit lebt heute in einer globalisierten und digitalisierten Welt, die immer weiter zusammenrückt. In diese Welt passen die unterdrückenden Systeme nicht nur nicht mehr, sondern die Unterdrückten wehren sich ach stärker dagegen. Hadija Haruna-Oelker fügt hinzu: „Diese Menschen tun das im Foucaultschen Sinn und lassen sich nicht mehr zu Gefangenen unserer Geschicke machen.“ Menschenfeindliche Strukturen sind jedoch hartnäckig und das negative Bild einer Differenz spielt bereits im frühen Kindesalter eine Rolle. Es ist eine große und Generationenaufgabe, diese Situation zu verändern. Deshalb ist es Hadija Haruna-Oelker im Zusammenhang mit der Sozialisation und Prägung wichtig, über Kinder als die zukünftige Generation zu sprechen. Hadija Haruna-Oelker lebt als Autorin, Redakteurin und Moderatorin in Frankfurt am Main. Hauptsächlich arbeitet sie für den Hessischen Rundfunkt.

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Glück ist eine Lebensberufung

Einschlägige Ratgeber, therapeutische Anweisungen, esoterische Verheißungen machen heutzutage Propaganda für das Glück. Wer genauer hinschaut, erkennt bald, dass es darin meist gar nicht um Glück, sondern um Zufriedenheit geht. Es geht dabei um den Menschen, den man mit einer erneuerbaren, im eigenen Seelenkraftwerk hergestellten Energie ausstattet. Karl-Markus Gauß erklärt: „Gelehrt wird eine besondere Technik der Selbstregulierung, die vor extremen Stimmungen schützt und dem fleißig Lernenden vermittelt, wie er mit sich, den anderen, dem Gegebenen auskommen könne, und dies ein ganz zufriedenes Leben lang.“ Dagegen spricht auch nichts, außer das Glück etwas anderes ist, nämlich eine Lebensberufung. Karl-Markus Gauß lebt als Autor und Herausgeber der Zeitschrift „Literatur und Kritik“ in Salzburg. Seine Bücher wurden in viele Sprachen übersetzt und oftmals ausgezeichnet.

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Der Mensch ist erhaben

Die Sozialität geistiger Lebewesen besteht darin, sich aus dem Sumpf ihres Überlebens zu erheben. Der Mensch ist erhaben. Markus Gabriel erklärt: „Wir existieren im empathischen Sinn des Existenzialismus. Dieser besteht darin, dass wir und auf Abstand von den notwendigen natürlichen Dingen befinden, dank derer wir überleben.“ Menschen sind offensichtlich imstande, ihr geistiges Leben im Licht eines Selbstporträts – eines Menschenbilds – zu führen. Menschenbilder schließen einander aus. Konkret gestaltet sich dies so, dass sich Menschen ein Bild davon machen, worin ihr Überleben besteht, das dessen natürlichen Bedingungen nicht Rechnung trägt. Dabei sind sie weit davon entfernt, ein vollständiges Wissen der Selbstorganisation ihrer Überlebensform – des menschlichen Körpers – zu haben. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Der „letzte Mensch“ ist schwach und müde

Aber was hat es mit dem „letzten Menschen“ auf sich? Zarathustra prognostizierte mit dieser Formel einen schwachen und müde gewordenen Charakter. Dieser erinnert in vielem an die Life-Style-Figuren der Gegenwart und ihre Convenience-Kultur. Friedrich Nietzsche schreibt im „Zarathustra“: „Wir haben das Glück erfunden, sagen die letzten Menschen und blinzeln.“ Konrad Paul Liessmann ergänzt: „Nietzsche hat hellsichtig erkannt, dass das Glück als umfassende Konzeption und Zielvorstellung des Lebens eine relativ späte Erfindung ist. Sieht man von den antiken Glückskonzepten etwa bei Aristoteles einmal ab.“ Das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl. Diese bekannte Formel des angelsächsischen Utilitarismus markiert die Erfindung des Glücks. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Philosophie an der Universität Wien. Zudem arbeitet er als Essayist, Literaturkritiker und Kulturpublizist. Im Zsolnay-Verlag gibt er die Reihe „Philosophicum Lech“ heraus.

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Der Verstand kann Großartiges leisten

„Die Akte des weißen Entdeckers“ nennt der amerikanische Anthropologe Joseph Henrich seine gesammelten Geschichten von Menschen, die sich weitab aller Zivilisation durchschlagen mussten. Meist handelte es sich dabei um europäische Schiffbrüchige. Diese strandeten in einer fremden Umgebung und mussten dort ohne Aussicht auf Rettung ausharren. Stefan Klein fügt hinzu: „Manche fanden sich allein in ihrer Notlage, andere in Gemeinschaft von Leidensgenossen. Aber jede Hilfe war fern. Jetzt hing das Überleben nur noch vom Glück ab – und von guten Einfällen.“ Das Ringen der Verschollenen zeigt, was der Verstand eines Menschen leisten kann. Vor allem, wenn er ohne jede Unterstützung und Anregung von außen eine unbekannte Situation bewältigen muss. Stefan Klein zählt zu den erfolgreichsten Wissenschaftsautoren der deutschen Sprache. Er studierte Physik und analytische Philosophie in München, Grenoble und Freiburg.

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Das 17. Jahrhundert war zugleich ein Zeitalter des Zweifels

Das 17. Jahrhundert war eine Blütezeit des allgemeinen Gelehrten. Die intellektuelle Geschichte dieser Epoche weist jedoch auch eine dunkle Seite auf. Denn das 17. Jahrhundert war zugleich ein Zeitalter des Zweifels. Peter Burke fügt hinzu: „Die Jahre um 1650 offenbaren eine Krise des Bewusstseins beziehungsweise eine Krise des europäischen Geistes.“ Diese sind Bestandteil, der von Historikern so genannten allgemeinen Krise des 17. Jahrhunderts. Der Begriff Krise ist so häufig und auf so viele verschiedene Arten von Veränderung angewendet worden, dass er an intellektuellem Wert eingebüßt hat. In der antiken griechischen Medizin bezeichnet eine „Krise“ jenen Moment im Krankheitsverlauf, der über Genesung oder Tod des Patienten entscheidet. Sechzehn Jahre lehrte Peter Burke an der School of European Studies der University of Sussex. Im Jahr 1978 wechselte er als Professor für Kulturgeschichte nach Cambridge ans Emmanuel College.

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Das Denken entspricht einem Feldsinn

Es gibt keine sinnlosen Gegenstände. Markus Gabriel erklärt: „Sinnlose Gegenstände wären Gegenstände, die in keinem Medium erscheinen, die in keinem Sinn Träger von Informationen wären.“ Einen Zusammenhang von Gegenständen in einem oder mehreren Medien nennt Markus Gabriel ein Sinnfeld. Wenn man so will, könnte man das menschliche Denken entsprechend als einen Feldsinn auffassen. Menschen befinden sich in Sinnfeldern und sind imstande, diese zu erkennen. Die philosophische Theorie, die sich mit der Existenz von Sinnfeldern befasst – also die von Markus Gabriel –, heißt entsprechend die Sinnfeldontologie. Dieser Theorie zufolge gibt es keine nackten Gegenstände, die isoliert vorkommen. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Korruption ist in Regierungen die Regel

Die Kunst der Politik ist realer als die Kunst des Diebstahls, weil der Diebstahl – wie ein Parasit – von der Politik abhängig ist. Ned O’ Gorman fügt hinzu: „Damit gelogen werden kann, muss es eine Wahrheit geben. Damit getötet werden kann, muss es Leben geben.“ Ned O’ Gorman will damit nicht sagen, dass etwas nicht wirklicher wird, nur weil es schockierender, grotesker oder kränker ist. Korruption ist in heutigen Regierungen oft nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Nichtsdestotrotz stellt Korruption immer die Korruption von etwas dar, und vieles von dem, was man heute Politik nennt, ist nur die Korruption von Politik. Und eben dieses grundlegende Phänomen, das Phänomen der Politik steht im Zentrum von Ned O’ Gormans Buch „Politik für alle“. Ned O’ Gorman ist Professor für Kommunikationswissenschaften an der University of Illinois.

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Die Bürger möchten wie die Adeligen sein

Die gesellschaftliche und politische Emanzipation des Bürgers fand auch und ganz besonders alltagsnah im Konsum statt. Ulf Poschardt stellt fest: „Das ehrgeizige Bürgertum robbte sich gebückt an den Lebensstil des Hofes und der Adeligen heran.“ Molières „Bürger als Edelmann“ versucht eine Art Travestie höfischen Lebens, um sich gewissen Privilegien anzunähern. Diese hatten Adel und Kirche in Gestalt von Kleider- und Trachtenordnungen erlassen. Gewissen Stoffe und Farben, aber auch luxuriöse Pelze waren nur Privilegierten zu tragen erlaubt. Und so entwickelte sich ab dem 17. Jahrhundert in Frankreich eine bürgerliche Streberkultur. Deren Traum war es, prassen und prunken zu dürfen wie der hohe Adel und die Edelmänner. Seit 2016 ist Ulf Poschardt Chefredakteur der „Welt-Gruppe“ (Die Welt, Welt am Sonntag, Welt TV).

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Julian Nida-Rümelin plädiert für ein eigenständiges Denken

„Cancel Culture“ ist ein Reizwort, das die Gesellschaft spaltet. Die einen praktizieren Cancel Culture und weisen entrüstet zurück, dass es sich dabei um eine Form der Zensur handelt. Schließlich könnten nur Staaten Zensur ausüben. Die anderen sehen in der Cancel Culture eine große Gefahr für die Demokratie und verteidigen das freie Wort gegen die „Sprachpolizei“ des linksliberalen Mainstreams. Julian Nida-Rümelin unterzieht dieses Phänomen in seinem Buch „>>Cancel Culture<< - Ende der Aufklärung?“ einer tiefschürfenden Analyse. Tatsächlich ist die Praxis, unliebsame Meinungen zum Schweigen zu bringen, uralt. Julian Nida-Rümelin weiß: „Sie prägt in unterschiedlichen Formen das politische und gesellschaftliche Leben in den meisten Kulturen zu fast allen Zeiten.“ Wenn man sich gegen diese Praxis der Verfolgung Andersdenkender wendet, verteidigt man die Demokratie als ein Projekt der Aufklärung. Julian Nida-Rümelin gehört zu den renommiertesten deutschen Philosophen und „public intellectuals“.

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Zum Geist gehören die Gefühle

Ein Nervensystem ermöglicht sowohl komplizierte Bewegungen als auch letztlich die Anfänge einer echten Neuerung: des Geistes. Antonio Damasio erklärt: „Zu den ersten Phänomenen des Geistes gehören die Gefühle. Ihre Bedeutung kann man kaum zu sehr hervorheben.“ Gefühle versetzen Lebewesen in die Lage, in ihrem jeweiligen Geist die verschiedensten Dinge zu repräsentieren. Nämlich den Zustand des eigenen Körpers, der damit beschäftigt ist, die Funktionen der inneren Organe zu regulieren, damit diese die Notwendigkeit des Lebens wie Essen, Trinken und Ausscheidung erfüllen können. Zum Beispiel die Abwehrhaltung, wie sie bei Furcht oder Wut, Abscheu oder Verachtung auftritt. Dazu gehört ebenso die Zurschaustellung von Wohlbefinden, Freude und Überschwang sowie auch die Verhaltensweisen, die im Zusammenhang mit der Fortpflanzung stehen. Antonio Damasio ist Dornsife Professor für Neurologie, Psychologie und Philosophie und Direktor des Brain and Creativity Institute an der University of Southern California.

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