Jeder kann die sokratische Methode anwenden

Ward Farnsworth stellt in seinem Buch „Die sokratische Methode“ eine Denkweise vor, die bis heute ein ausgezeichnetes Mittel darstellt, Klugheit zu erlangen und Dummheit zu bekämpfen. Der Autor betont diese Tatsache ausdrücklich, denn viele Menschen betrachten die sokratische Methode als eine Lehrweise. Ward Farnsworth schreibt im Vorwort: „Das vorliegende Buch ist ein praktisches Handbuch, und seine erste Lektion lautet, dass jeder, der es möchte, seine Methoden anwenden kann.“ Es ist aber genauso gut eine praktische Einführung in die erstaunliche sokratische Philosophie, die keine eindeutigen Antworten auf die großen Fragen gibt. Sie ist vielmehr eine Anleitung dazu, wie man „große“ Fragen stellt und ihnen nachgehen kann. Ward Farnsworth war Dekan an der University of Texas School of Law und ist dort am John-Jeffers-Forschungslehrstuhl tätig.

Die sokratische Methode ist eine Schule der Demut und des Zweifels

Das sokratische Denken ist ein Weg zur Weisheit, nicht aber der Weisheit Schluss – den kann es in ihm nicht geben. Es hilft im Umgang mit allen möglichen kleinen und großen Problemen. Das Buch erzählt auch von den Ursprüngen des Stoizismus, einer antiken Denktradition, die viele Menschen auch heute überzeugend finden. Die noch heute gültigen Lehren der Stoa gründen auf den Lehren des Sokrates. Die sokratische Methode stellt all die guten Eigenschaften in den Vordergrund, die in der gegenwärtigen Gesprächskultur verloren gegangen sind.

Ward Farnsworth möchte in seinem Buch die Ideen des Sokrates und insbesondere seine Art der Gesprächsführung verständlich darstellen. Ebenso geht es dem Autor darum, in welcher Hinsicht man die sokratische Lehre mit den derzeitigen kulturellen und politischen Schwierigkeiten in Verbindung bringen kann. Die sokratische Methode soll man als eine Schule der Geduld, der Neugierde, der Demut und des Zweifels betrachten. Das sind alles vorbildliche Haltungen, welche die sozialen Medien verdrängen und die aus dem politischen und kulturellen Miteinander verschwinden.

Die sokratische Ethik ist die gesündeste

Die ersten beiden Kapitel liefern vor allem Hintergrundwissen. Es geht unter anderem darum, wer Sokrates war oder gewesen sein könnte. Das zweite Kapitel erläutert den Unterschied zwischen Platons Ideen und den Methoden des Sokrates, den er in den Dialogen vorstellt. Die Kapitel drei bis zwölf illustrieren die Funktionsweise der sokratischen Methode. Im dreizehnten Kapitel werden die Vorteile der sokratischen Methode herausgestellt. Die folgenden Kapitel vierzehn bis sechzehn geben Beispiele dafür, was sich mit der Methode erreichen lässt. Die Kapitel siebzehn und achtzehn zeigen einfache Möglichkeiten auf, eigene sokratische Fragen zu entwickeln.

Ward Farnsworth fügt hinzu: „Der Epilog übersetzt die sokratische Methode und die ihr zugrundeliegende Ethik in Regeln für unterschiedlich geartete Gespräche. Er spricht auch über die Bedeutung der sokratischen Ethik für Unterricht und Schule.“ Die sokratische Ethik war weder in der Welt noch in der Akademie je vorherrschende Kraft. Sie muss sich gegen Widerstände durchsetzen. Die Regeln sind oft schwierig zu befolgen, für den sokratisch Gesinnten aber sind sie eine lohnende Herausforderung. Ward Farnsworth fasst zusammen: „Im Ich wie in der Schule ist die sokratische Ethik die gesündeste.“

Die sokratische Methode
Das Handbuch der praktischen Philosophie
Ward Farnsworth
Verlag: FinanzBuch
Gebundene Ausgabe: Seiten, Auflage: 2023
ISBN: 978-3-95972-577-4, 20,00 Euro

Von Hans Klumbies