Die Revolutionen von 1848 sind in Wirklichkeit nicht gescheitert

In seinem neuen Buch „Frühling der Revolution“ stellt Christopher Clark die These auf, dass die Revolutionen von 1848 in Wirklichkeit nicht gescheitert sind. In vielen Ländern bewirkten sie einen zügigen und dauerhaften konstitutionellen Wandel. Außerdem sorgten die Revolutionen für tiefgreifende Veränderungen in politischen und administrativen Verfahren auf dem ganzen Kontinent. Dabei handelte es sich gewissermaßen um eine europäische „Revolution in der Regierung“. Christopher Clark fügt hinzu: „In ihrer Intensität und geographischen Reichweite waren die Revolutionen von 1848 einzigartig – zumindest in der europäischen Geschichte.“ Denn im Jahr 1848 brachen politische Unruhen zeitgleich auf dem ganzen Kontinent aus. In gewisser Weise handelte es sich jedoch auch um einen globalen Aufstand, oder anders gesagt, einen europäischen Aufstand mit globaler Dimension. Christopher Clark lehrt als Professor für Neuere Europäische Geschichte am St. Catharine’s College in Cambridge. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Geschichte Preußens.

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Es gibt sechs bis zehn Millionen Insektenarten

Insekten sind überall. Sie sind zahlreich. Sie unterscheiden sich so stark voneinander wie keine andere Klasse des Lebendigen. Eine erdrückende Mehrheit der tierischen Biodiversität – 90 Prozent – verdankt sich ihrem anatomischen Dandytum. Emanuele Coccia erläutert: „Man schätzt die Anzahl ihrer Arten auf sechs bis zehn Millionen. Ihr somatischer Einfallsreichtum beschränkt sich dabei nicht nur auf die Erfindung neuer, spezifischer Identitäten.“ Sie besitzen auch die Gabe, derart verschiedene Körper im Laufe eines individuellen Lebens zu bilden, dass man sie lange Zeit für magische Wesen hielt, die von einer Spezies zur anderen wechseln konnten. Die Insekten machen die Biodiversität des Planeten zu einer Frage der persönlichen Virtuosität. Emanuele Coccia ist Professor für Philosophiegeschichte an der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris.

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Freiheit ist zunächst einmal eine Fiktion

Freiheit ist vorab nichts anderes als eine Idee, eine Fiktion, eine Unterstellung. Konrad Paul Liessmann erläutert: „Es mag nun Wesen geben, denen diese Idee gefällt und die gerne danach handeln. In diesem Moment sind sie tatsächlich frei. Es ist genau so, als ob die Freiheit ihres Willens überzeugend nachgewiesen worden wäre. Oder, sehr verkürzt, aber treffend: Wir sind genau dann frei, wenn wir so tun, als wenn wir frei wären.“ Immanuel Kants Moralphilosophie und sein Kategorischer Imperativ beruhen auf diesem „Als ob“, gründen in der Fiktion der Freiheit. Alle damit zusammenhängenden Annahmen haben dieses „Als ob“, die Fiktion zur Voraussetzung. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Philosophie an der Universität Wien. Zudem arbeitet er als Essayist, Literaturkritiker und Kulturpublizist. Im Zsolnay-Verlag gibt er die Reihe „Philosophicum Lech“ heraus.

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Der Kapitalismus schafft Wohlstand

Der moderne Kapitalismus ist in zweierlei Hinsicht unschlagbar: Indem er Wohlstand schafft und indem er Neid erweckt. Vielleicht gehört beides sogar zusammen. Morgan Housel vermutet: „Möglicherweise treibt uns erst der Wunsch, andere zu übertreffen, zu besonderen Leistungen an.“ Aber wenn man nie genug bekommt, macht das Leben überhaupt keinen Spaß. Wie Morgan Housel sagt: „Glück ist Erfolg minus Erwartungen.“ Wer sich mit „genug“ zufriedengibt, hat erkannt, dass das Gegenteil – das unersättliche Streben nach immer mehr – letztlich nur unzufrieden macht. Viele Menschen hören erst dann auf, nach mehr zu gieren, wenn sie gegen eine Mauer laufen und gezwungen sind, aufzuhören. Sei es nun aus ganz harmlosen Gründen, weil sie einen Burn-out erleben oder eine riskante Anlageposition nicht länger halten können. Morgan Housel ist Partner bei der Risikokapitalgesellschaft The Collaborative Fund.

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Eine gemeinsame Gegenwart im Universum gibt es nicht

Die meisten Menschen gehen von einem Bild der Zeit aus, das ihnen vertraut ist. Etwas, das gleichförmig und überall im Universum einheitlich abläuft, in dessen Verlauf sich alle Dinge ereignen. Carlo Rovelli erläutert: „Es gibt im ganzen Kosmos eine Gegenwart, ein „Jetzt“, das die Realität ist. Die Vergangenheit ist fix, geschehen und für alle dasselbe, die Zukunft offen und noch unbestimmt. Die Realität läuft von der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft.“ Mit Blick auf die Vergangenheit und Zukunft verläuft die Entwicklung der Dinge realerweise asymmetrisch. Dies, so dachten die meisten Menschen, sei die Grundstruktur der Welt. Doch dieses vertraute Bild ist zerbröckelt, hat sich als reine Näherung einer Näherung an eine komplexere Realität erwiesen. Seit dem Jahr 2000 ist Carlo Rovelli Professor für Physik an der Universität Marseille.

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Ein Sammler ist der ideale Besitzer

Der Besitzt ist, so Walter Benjamin, „das allertiefste Verhältnis, das man zu Dingen überhaupt haben kann“. Byung-Chul Han ergänzt: „Der Sammler ist der ideale Besitzer der Dinge.“ Walter Benjamin erhebt den Sammler zu einer utopischen Figur, zu einem künftigen Retter der Dinge. Er macht sie die „Verklärung der Dinge“ zur Aufgabe. Er „träumt sich nicht nur in eine ferne oder vergangene Welt, sondern zugleich in eine bessere“. In dieser Welt sind die Menschen zwar ebenso wenig mit dem versehen, was sie brauchen. Aber die Dinge sind von der Fron befreit, nützlich zu sein. In jener utopischen Zukunft macht der Mensch einen ganz anderen Gebrauch von den Dingen, der kein Verbraucher mehr ist. Die Bücher des Philosophen Byung-Chul Han wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt.

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Ina Schmidt strebt nach dem Guten

Menschen können nach dem Guten streben, und wenn sie Verantwortung übernehmen, verpflichten sie sich selbst, dies auch zu tun. Weil sie durch ihre Rolle zuständig, rechtlich daran gebunden oder moralisch dazu aufgerufen sind. Ina Schmidt erklärt: „Das Wort „Verantwortung“, übertragen aus dem lateinischen „respondere“ meint die menschliche Möglichkeit und Fähigkeit, eine Antwort geben zu können.“ Eine solche Antwort muss allerdings bestimmten Kriterien genügen. Diese misst man oft unausgesprochen daran, ob sie sich am Guten und Richtigen orientieren. Verantwortung ist also immer eine normative Haltung. Sie ist darauf ausgerichtet, eine Verbesserung zum Guten zu bewirken, die nichts mit dem eigenen Wohlbefinden zu tun haben muss. Ina Schmidt ist Philosophin und Publizistin. Sie promovierte 2004 und gründete 2005 die „denkraeume“. Seitdem bietet sie Seminare, Vorträge und Gespräche zur Philosophie als eine Form der Lebenspraxis an.

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Die Faszination des Bösen ist ungebrochen

Man redet wieder über „das Böse“. Rüdiger Safranski vermutet: „Vielleicht deshalb, weil man bemerkt hat, dass unsere Begriffe notorisch harmloser sind als die Wirklichkeit.“ Das ist übrigens eine alte Erfahrung. Die Karriere des griechischen Logos begann als Strategie der Beruhigung, als Neutralisierung des Mythos. Denn für diesen war der Grund der Welt ein Abgrund, ein wahres Inferno aus Gewalt, Inzest, Mord, Verfeindung. Der Kosmos erscheint in antik-griechischer Sicht als Ergebnis eines endlich triumphierenden Friedensschlusses zwischen den Göttern. So ist der Mythos auch eine Erinnerung daran, welchem Grauen die Zivilisation abgerungen ist. Am Anfang gebar, von Eros geschwängert, die „breitbrüstige“ Gaia, die Erde den Uranos, den Himmel. Rüdiger Safranski arbeitet seit 1986 als freier Autor. Sein Werk wurde in 26 Sprachen übersetzt und mit vielen Preisen ausgezeichnet.

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Das Gehirn besitzt 86 Milliarden Nervenzellen

Es mag naheliegen, die Vergrößerung seines Gehirns mit er Lebensweise des Menschen und seinen besonderen Fertigkeiten und Fähigkeiten zu verknüpfen. Und so ist auch vielfach ein Zusammenhang insbesondere mit der Ernährung, mit der Handfertigkeit, mit Werkzeuggebrauch, Sprache, Kultur und Kunst vermutet worden. Matthias Glaubrecht betont: „Und doch ist bislang nicht überzeugend geklärt, was wirklich das Gehirn zu einem solch besonderen Organ beim Menschen gemacht hat.“ Zugleich gehört es zweifelsohne zu den erstaunlichsten Paradoxien in der Natur, dass ausgerechnet Menschen als an sich anderweitig unspezialisierte Generalisten ein sehr spezielles Organ spazieren tragen. Da es in energetischer Hinsicht alles andere als verbrauchsneutral kam, muss das menschliche Gehirn einen hohen Auslesewert gehabt haben. Immerhin dienen in ihm heute 86 Milliarden Nervenzellen der Weiterleitung und Verarbeitung von Reizen. Matthias Glaubrecht ist Evolutionsbiologe, Systematiker und Wissenschaftshistoriker.

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William MacAskill fordert ein radial neues Denken beim Thema Nachhaltigkeit

Der britische Philosoph William MacAskill fordert in seinem Buch „Was wir der Zukunft schulden“ ein radikal neues Denken beim Thema Nachhaltigkeit. Das Handeln der heute lebenden Menschen muss nicht nur die Konsequenzen für die nächsten Generationen miteinbeziehen, sondern auch die Folgen für die Menschheit in einer weit entfernten Zukunft. William MacAskill schreibt: „Es reicht nicht aus, den Klimawandel einzudämmen oder die nächste Pandemie zu verhindern. Wir müssen sicherstellen, dass sich die Menschheit nach einem Kollaps auch wieder erholt.“ In seinem Buch geht es William MacAskill vor allem um langfristiges Denken. Nämlich um den Gedanken, dass es die oberste moralische Priorität unserer Zeit ist, positiven Einfluss auf die Zukunft zu nehmen. Das langfristige Denken nimmt die Tatsache ernst, dass die Zukunft sehr groß sein kann und bei ihrer Gestaltung sehr viel auf dem Spiel steht. William MacAskill ist außerordentlicher Professor für Philosophie an der Universität Oxford.

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Dem Menschen ist seine Autonomie sehr wichtig

Die Freiheit wird auch heute noch immer hochgeschätzt. Immanuel Kant schrieb einst, dass man von seiner Vernunft in allen Stücken öffentlich Gebrauch machen sollte. Aber um welche Freiheit geht es? Der amerikanische Informatiker und Künstler Jaron Lanier vergleicht moderne Menschen mit Wölfen. Wie kann das sein? Rebekka Reinhard antwortet: „Eigentlich ist der moderne, aus dem soliden Umfeld der Tradition gerissene Mensch doch ein unvergleichliches Individuum, eine Singularität. Dieser Mensch möchte kein skinnerisches Versuchstier sein. Autonomie ist ihm sehr wichtig.“ Die Computer-Logik dagegen übersetzt Vieldeutigkeit in Eindeutigkeit und kennt nur zwei Zustände: Entweder – Oder. So blitzschnell, dass sie wie aus Versehen ein Gleichheitszeichen zwischen „subjektiv“ und „objektiv“ setzt. Die Philosophin Rebekka Reinhard war, bis zur Einstellung der Zeitschrift, stellvertretende Chefredakteurin des Magazins „Hohe Luft“.

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Eigentum ist keine natürliche Kategorie

Der Begriff des „Rechtsguts“ ist, wenn es um Strafrecht geht, verbreitet und auch Laien geläufig. Thomas Fischer schränkt jedoch ein: „Das bedeutet nicht, dass sich diejenigen, die den Begriff verwenden, auch stets einig sind, was damit gemeint ist.“ Strafrecht schützt nicht – sinnlos – „fremde bewegliche Sachen“, sondern – sinnhaft – Eigentümer und Besitzer von Sachen gegen die Wegnahme. Das Strafrecht „schützt“ im Tatbestand des Diebstahls einen sozialen Sachverhalt, der gar nicht aus dem Strafrecht selbst kommt. Sondern er hat seinen Ursprung in der Sphäre der Güterzuordnung, der Abgrenzung von Herrschaftsbereichen, den sozialen Voraussetzungen von Eigentum. Eigentum wiederum ist keine natürliche Kategorie, sondern ein wertender Begriff für eine soziale Herrschaftsstruktur. Thomas Fischer war bis 2017 Vorsitzender des Zweiten Senats des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe.

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Freiheit kann ein Irrglaube sein

Laut Isaiah Berlin fühlt ein Mensch sich eben in dem Maße frei, in dem er glaubt, er sei seiner selbst bewusst, kontrolliere den eigenen Willen und sein handlungsfähig. Katia Henriette Backhaus erklärt: „Berlins These nach handelt es sich bei diesen Annahmen um einen Irrglauben. Freiheit wird nur vorgetäuscht. Weil Selbstbestimmung im Endeffekt nichts anderes ist als nur wieder eine Form der Herrschaft über das Selbst ist.“ Das dominierende Selbst, welches das Moment im Inneren beherrscht, ist für Isaiah Berlin das zentrale Problem. Es setzt eine Spaltung der Persönlichkeit in einen transzendenten, dominierenden Kontrolleur einerseits und das empirische Bündel von Wünschen und Leidenschaften andererseits voraus. Katia Henriette Backhaus hat an der Universität Frankfurt am Main promoviert. Sie lebt in Bremen und arbeitet als Journalistin.

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Reiche Menschen kann man leicht erkennen

Morgan Housel möchte klar zwischen vermögend und reich unterscheiden. Es geht dabei nicht um reine Semantik. Er betont: „Unzählige finanzielle Fehlentscheidungen rühren daher, dass Menschen den Unterschied nicht kennen.“ Reich bezieht sich auf ein aktuelles Einkommen. Jemand, der ein 100.000 Dollar Auto fährt, ist ziemlich sicher reich. Denn selbst wenn er es auf Kredit finanziert hat, braucht er ein gewisses monatliches Einkommen, um die Raten stemmen zu können. Das Gleiche gilt für Menschen, die in großen Häusern leben. Reiche lassen sich leicht ausmachen. Oft tun sie sogar alles, damit man sie als solche erkennt. Vermögen hingegen ist verborgen. Es besteht aus nichtausgegebenen Einkommen. Vermögen ist die noch nicht wahrgenommene Option, später in der Lage zu sein, etwas kaufen zu können. Morgan Housel ist Partner bei der Risikokapitalgesellschaft The Collaborative Fund.

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Protektionismus wirkt sich immer negativ aus

Protektionistische Maßnahmen helfen weder den USA noch den von der Deindustrialisierung betroffenen Arbeitnehmern. Sie können sich aber durchaus negativ auf die Handelspartner der Vereinigten Staaten und die Weltwirtschaft auswirken. Joseph Stiglitz betont: „Während der letzten 70 Jahre hat die internationale Gemeinschaft eine regelbasierte Ordnung geschaffen, die Handel und Zusammenarbeit fördert. Die USA spielten beim Aufbau dieses Systems eine zentrale Rolle.“ Die Vereinigten Staaten haben dies nicht aus Uneigennützigkeit getan, sondern weil sie überzeugt waren, eine solche Ordnung sei besser für die ganze Welt, die USA eingeschlossen. Man glaubte, Handel und Austausch würden das gegenseitige Verständnis über Grenzen hinweg fördern. Und dies werde den Frieden festigen und Kriege, die eine Geißel des 20. Jahrhunderts waren, unwahrscheinlicher machen. Joseph Stiglitz war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford. Er wurde 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.

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Menschen müssen in Sicherheit leben können

Beim zivilcouragierten Handeln geht es um die Beibehaltung einer Zivilgesellschaft. Zudem geht es um die Verteidigung der Menschenrechte, um die Bewahrung der Demokratie und um den Schutz von Opfern durch Diskriminierung. Klaus-Peter Hufer ist besorgt: „Beides ist gefährdet, im Alltag, in der Gesellschaft und in der Politik – und durch diese. Menschen müssen in Würde, Sicherheit und Freiheit leben können – dafür muss immer gesorgt werden, muss wachsam hingeschaut und entschieden gehandelt werden.“ Die Probleme beginnen bei individuellen Beleidigungen und setzen sich fort über Mobbing beim Arbeitsplatz. Des Weiteren kommt es zu öffentlichen Pöbeleien und Behinderungen von beispielsweise Rettungskräften bei ihren Einsätzen. Klaus-Peter Hufer promovierte 1984 in Politikwissenschaften, 2001 folgte die Habilitation in Erziehungswissenschaften. Danach lehrte er als außerplanmäßiger Professor an der Uni Duisburg-Essen.

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Jeder kann die sokratische Methode anwenden

Ward Farnsworth stellt in seinem Buch „Die sokratische Methode“ eine Denkweise vor, die bis heute ein ausgezeichnetes Mittel darstellt, Klugheit zu erlangen und Dummheit zu bekämpfen. Der Autor betont diese Tatsache ausdrücklich, denn viele Menschen betrachten die sokratische Methode als eine Lehrweise. Ward Farnsworth schreibt im Vorwort: „Das vorliegende Buch ist ein praktisches Handbuch, und seine erste Lektion lautet, dass jeder, der es möchte, seine Methoden anwenden kann.“ Es ist aber genauso gut eine praktische Einführung in die erstaunliche sokratische Philosophie, die keine eindeutigen Antworten auf die großen Fragen gibt. Sie ist vielmehr eine Anleitung dazu, wie man „große“ Fragen stellt und ihnen nachgehen kann. Ward Farnsworth war Dekan an der University of Texas School of Law und ist dort am John-Jeffers-Forschungslehrstuhl tätig.

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Das „Gefühl des Absurden“ ist total berechtigt

Die französische Schriftstellerin und Philosophin Simone de Beauvoir (1908 – 1986) beschrieb, wie insbesondere Frauen sich selbst fremd werden. Das ist vor allem dann der Fall, wenn man sie gesellschaftlich aus der Norm ausschließt und sie stattdessen als das „andere“ Geschlecht aufwachsen. Für sie seien Sinnkrisen geradezu vorprogrammiert. Immerhin sah Simone de Beauvoir auf dieser Ebene einen möglichen Ausweg. Christian Uhle ergänzt: „Demgegenüber betonte Albert Camus, dass auf einer noch tieferen Ebene, jenseits gesellschaftlicher Machtverhältnisse, sämtliche Menschen mit dem gleichen Schicksal konfrontiert sind.“ Er nannte die Empfindung sinnsuchender Menschen das „Gefühl des Absurden“. Und dieses Gefühl erklärte er für absolut berechtigt, ja, zutreffend. Denn es entspringe der Bereitschaft, das eigene Leben durch einen klaren, unverfälschten Blick zu sehen als das, was es ist: absurd. Das Anliegen des Philosophen Christian Uhle ist es, Philosophie in das persönliche Leben einzubinden.

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Die Erde benötigt die Empathie der Menschheit

Die Erde liegt im Fieber. Die Erwärmung der Erdoberfläche zwischen 1970 und heute beträgt 1 Grad Celsius. Chronisch erhöhtes Fieber ist nicht nur bei Menschen ein prognostisch schlechtes Zeichen. Fieber ist ein Hinweis darauf, dass im Inneren des Körpers eine Störung vorliegt. Joachim Bauer fügt hinzu: „Das Gleiche gilt für die erhöhte Temperatur des Organismus … Weiterlesen

Tauben unterscheiden charakteristische Merkmale

In seiner Doktorarbeit hat Ludwig Huber Versuche mit Tauben beschrieben, die Kategorisierungen mithilfe von Wahrnehmungskonzepten vornehmen. Er konnte zeigen, dass diese Vögel sehr schnell komplexe Reizklassen nach von ihm vorgegebenen Kriterien unterscheiden und nach den von ihm festgelegten Kategorisierungsregeln einordnen konnten. Wie Ludwig Huber mit vielen weiteren Versuchen mit Tauben zeigen konnte, verfügen diese über … Weiterlesen

John Locke nimmt den Menschen unter die Lupe

Der Engländer John Locke (1632 – 1704) nimmt auf experimentalwissenschaftlicher und medizinischer Basis das Studienobjekt Mensch genauer unter die Lupe. Seine Forschungsobjekte: alles was sich bewegt. Sein Hauptinteresse: zu begreifen, wie die Mechanik der menschlichen Reaktionsweisen funktioniert. Er wollte erkennen, was es heißt, wenn einer denkt oder wenn einer denkt, er würde denken. Jürgen Wertheimer weiß: „Obwohl er an der Universität Oxford studierte und lehrte, blieb er nicht völlig dem Wissenschaftsbetrieb verhaftet. Er arbeitete als Lordkanzler, als Hausarzt, Erzieher und veröffentlichte während dieser Zeit ein umfangreiches Werk.“ Allerdings brachten John Locke seine Schriften nicht nur Ruhm ein. So wurde er aus dem Christ-Church-College ausgeschlossen. In Oxford beschuldigten ihn mehrere Professoren einer zweifelhaften Gesinnung. Jürgen Wertheimer ist seit 1991 Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Komparatistik in Tübingen.

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Die Polarisierung der Meinungen ist extrem

Es ist nicht zielführend, wenn man in der öffentlichen Diskussion und auch in den Medien immer häufiger extreme Standpunkte vernimmt. Hans-Jürgen Papier kritisiert: „Das hat teilweise verschwörungstheoretische Züge angenommen. Dies schlägt sich besonders in den Kommentarspalten und in den sozialen Medien nieder.“ Eine bemerkenswerte Wirkung hiervon ist die extreme Polarisierung von Meinungen und ihren Trägern. Diese sind oftmals nicht mehr in der Lage, über Argumente zu kommunizieren. An die Stelle demokratisch verfasster Auseinandersetzung treten dann schnell offen geäußerter Hass und unüberbrückbare Freund-Feind-Schemata. Das ist eine Entwicklung, die man seit den Hochzeiten der PEGIDA-Demonstrationen in Dresden kennt. Ein Teil der Social-Media-Nutzer wird zu Fans, zu Followern starker Männer und ihrer Systeme. Prof. em. Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier war von 2002 bis 2014 Präsident des Bundesverfassungsgerichts.

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Politische Umwälzungen hat es schon immer gegeben

Politische Umwälzungen wie die heutigen, die Familien und Freundschaften zerreißen, gesellschaftliche Klassen spalten und Bündnisse sprengen, hat es schon immer gegeben. Ein besonders lehrreiches Beispiel ist eine Affäre im Frankreich des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Dieses nahm viele Debatten des 20. Jahrhunderts vorweg und hält noch den Auseinandersetzungen des 21. Jahrhunderts einen Spiegel vor. Anne Applebaum blickt zurück: „Die Dreyfus-Affäre begann 1894 mit der Erkenntnis, dass es in den Reihen der französischen Armee einen Verräter geben musste. Irgendjemand gab Informationen an die Deutschen weiter, die gut zwei Jahrzehnte zuvor Frankreich besiegt und die Departments Elsass und Lothringen besetzt hielten.“ Anne Applebaum ist Historikerin und Journalistin. Sie arbeitet als Senior Fellow an der School of Advanced International Studies der Johns Hopkins University.

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Jede nationale Geschichte Europas hat denselben Grundgedanken

Persönliche Erinnerungen, angefangen mit denen an die Hölle, die sich die Europäer auf Erden geschaffen haben, gehören zu den stärksten Triebkräften für alles, was Europa seit 1945 getan hat und geworden ist. Timothy Garton Ash nennt das den Erinnerungsmotor. Mehrere Generationen von Baumeistern Europas haben den Kontinent zu dem gemacht, was er zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist. Wenn man sich anschaut, welche Argumente man für die europäische Integration in den verschiedenen Ländern von den 1940er bis zu den 1990er Jahren vorbrachte, scheint jede nationale Geschichte auf den ersten Blick sehr unterschiedlich zu sein. Aber wenn man etwas tiefer gräbt findet man immer denselben Grundgedanken. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Geld ist ein gesellschaftliches Instrument

Im Studium wurde Thomas Mayer, wie bis heute allen angehenden Volkswirten, kurz und knapp erklärt, Geld sei ein Mittel zum Tausch, zur Wertaufbewahrung und eine Rechnungseinheit. Lange Zeit hat der Ökonom die apodiktische Behauptung nicht weiter hinterfragt. Thomas Mayer weiß: „Doch so einfach ist es nicht. Geld ist ein gesellschaftliches Instrument, dessen Komplexität oft nicht verstanden wird.“ In der wissenschaftlichen Literatur lassen sich zur Natur des Geldes zwei unterschiedliche Theorien finden. Nämlich eine ökonomische und eine anthropologisch-historische. Der bekannteste Vertreter der ökonomischen Auffassung des Geldes ist der schottische Moralphilosoph und Ökonom Adam Smith. Er schuf im 18. Jahrhundert das theoretische Gerüst für die heute gültige Lehre der Ökonomie. Thomas Mayer ist promovierter Ökonom und ausgewiesener Finanzexperte. Seit 2014 ist er Leiter der Denkfabrik Flossbach von Storch Research Institute.

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