Die Digitalisierung ist allgegenwärtig

Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft gehörte schon vor der Coronakrise zu den prägenden Veränderungen und Aufgaben der Gegenwart. Durch die Krise beschleunigt sich dieser Prozess. Denn es gibt nun die Option, wirtschaftliches Handeln ins Internet und auf digitale Kommunikationsmittel zu verlagern. Sie erlaubt es, viele krisenbedingten Schließungen zu verhindern und Kontaktbeschränkungen zu umgehen. Clemens Fuest erklärt: „Besonders sichtbar ist die Beschleunigung der Digitalisierung, wenn das Zusammentreffen von Menschen im beruflichen und privaten Bereich ins Internet verlagert wird.“ Viele, die bislang nicht über das Internet einkauften, fangen jetzt mangels Alternativen damit an. Bankfilialen müssen schließen; für alle, die bislang Onlinebanking vermieden haben, führt kein Weg mehr daran vorbei. Das Arbeiten von zu Hause aus war auch vor der Krise möglich, nun bekommt es eine ganz andere Bedeutung. Clemens Fuest ist seit April 2017 Präsident des ifo Instituts.

3-D-Druck hat gewisse Vorteile

Für Schulen und Universitäten diskutiert man die Potenziale verstärkter Digitalisierung seit langer Zeit. Nun setzt man vieles um. Der krisenbedingte Digitalisierungsschub verdeutlicht, dass die Verfügbarkeit neuer Techniken noch lange nicht bedeutet, dass man sie überall einsetzt, wo sie nützlich sind. Häufig verbreiten sie sich nur sehr langsam. Es muss ein gewisser Druck bestehen, damit Menschen die Energie aufbringen, sich umzustellen und eingefahrene Gewohnheiten abzulegen.

Die Coronakrise schafft diesen Druck. Falls sie es nicht schon vorher konnten, lernen viele Menschen jetzt, mit Videokonferenztechniken wie Zoom oder Teams umzugehen. Auch die Industrie bekommt einen Schub: Probleme zerbrochener Wertschöpfungsketten verdeutlichen die Vorteile digitaler Techniken wie beispielsweise 3-D-Druck. Statt Produkte herzustellen zum Kunden zu transportieren, kann man digitale Blaupausen verwenden. Der 3-D-Drucker vor Ort macht daraus das physische Produkt.

Viele Menschen können zu Hause arbeiten

Für Clemens Fuest ist es absehbar, dass dieser Digitalisierungsschub sich auf die Zeit nach der Coronakrise auswirken wird. Die Macht der großen Internetkonzerne wird weiter wachsen. Der Onlinehandel setzt den traditionellen Einzelhandel noch stärker unter Druck als bisher. Die Bedeutung einer guten Ausbildung einschließlich digitaler Kompetenzen für ein erfolgreiches Arbeitsleben nimmt noch einmal zu. Für die Wirtschaftspolitik folgt daraus, dass man Anpassungen an den Prozess der Digitalisierung intensivieren muss.

Dazu gehören vor allem die Stärkung von Aus- und Weiterbildung und die Weiterentwicklung der Wettbewerbspolitik, um unerwünschte Machtkonzentrationen bei großen Internetfirmen und Beschränkungen des Wettbewerbs einzudämmen. Die Schließung von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen während des Shutdowns führt dazu, dass viele Menschen zu Hause arbeiten. Das funktioniert zwar nicht in jedem Beruf, aber doch in vielen. Bereits vor der Corona-Pandemie gab es einen Trend zur Arbeit im Homeoffice. Quelle: „Wie wir unsere Wirtschaft retten“ von Clemens Fuest

Von Hans Klumbies