Computer sind noch weit davon entfernt, das zu können, was Menschen können. Der Menschheit bleiben immer noch einige Jahrzehnte, bis die künstliche Intelligenz an die der Menschen heranreichen könnte. Timothy Garton Ash stellt fest: „Viel grundsätzlicher aber müssen wir uns fragen, was wir wollen, was Computer tun – nicht, was sie tun können.“ Der Computerwissenschaftler Joseph Weizenbaum, der das sprechende Computerprogramm „Eliza“ entwickelt hat, schreibt in seinem später verfassten Buch „Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft“. Die Grenzen dessen, was Menschen von Computern erwarten, sind nach ethischen und nicht nach technischen oder mathematischen Gesichtspunkten zu ziehen. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.
Online existiert ein endloser Ozean an Blödsinn und Lügen
Joseph Weizenbaum schreibt: „Die wichtigste Grundeinsicht, die uns daraus erwächst, ist die folgende. Wir sollten deshalb im Augenblick Computern keine Aufgaben übertragen, deren Lösung Klugheit erfordert.“ Als Reaktion auf den im Silicon Valley grassierenden Cyber-Utopismus und den ihn häufig tragenden technologischen Determinismus hat sich inzwischen eine kleine Schule von Cyberskeptikern formiert. Diese verweisen auf den endlosen Ozean an Schund, Blödsinn und Lügen, der online existiert.
Nicholas Carr und Andrew Keen etwa beklagen den Online-„Amateurkult“. Dieser setzt übermäßige Massenbeteiligung vor Kompetenz, Offenheit vor Expertise und Wikipedia vor die Encyclopedia Britannica. Und die jeweils Ersteren warnen sie, untergraben die Letzteren. Jaro Lanier derweil verhöhnt in seinen Schriften Kollegen, die glauben „eine Million oder vielleicht auch eine Milliarde Fragmente aus lauter Beschimpfungen würden am Ende eine größere Weisheit ergeben.“ Sollten sich die Menschen in die, wie Nicholas Carr es nennt, „Untiefen“ der Online-Welt locken lassen, könnte ihnen allen eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung drohen.
Der Homo sapiens mutiert zum Homo zappiens
„Homo Zappiens“ ist die Wortschöpfung zweier niederländischer Wissenschaftler. Sie beschreibt die Generationen, die seit den 1990er Jahren damit aufgewachsen sind, zwischen den verschiedensten Kanälen und Geräten hin un her zu „zappen“. Timothy Garton Ash ergänzt: „So, wie der soziale Umgang durch die vielen schnellen Griffe der Leute nach ihren „äppäräti“, um darauf etwas nachzusehen oder einzutippen, reduziert werden könnte, wird auch die Suche nach Wissen durch vielfältige Ablenkungen torpediert.“
Sogar die menschlichen Gehirne verändern sich. Gewohnheitsmäßige Googler zeigen laut einer Studie intensive Aktivität im dorsolateralen präfrontalen Kortex, wenn sie online sind. Dagegen wurde bei Leuten, die das Internet zuvor kaum genutzt hatten, im selben Gehirnareal nur minimale Aktivität registriert. Mit der Zeit werden diese neurologischen Veränderungen fest verdrahtet. Diese Veränderungen, warnen Forscher, könnten eine zum Schlechteren sein. Quelle: „Redefreiheit“ von Timothy Garton Ash
Von Hans Klumbies