Anfang der Nullerjahre herrscht das Analoge

Schon Anfang der Nullerjahre war das Leben ein bisschen digital, aber längst nicht so digital wie heute. Denn es war noch nicht mobil. E-Mails checkte man höchstens ein-, zweimal am Tag. Und die meiste Zeit des verbrachte man ohnehin noch ganz analog. Heute dagegen schlagen sich parallel auf Twitter Tausende die Köpfe ein, öffentlich und hitzig, aber auch unübersichtlich. All den Zoff kann man ja gar nicht abonnieren. Andreas Barthelmess erläutert: „Heute gibt es so viele Bezugsrahmen, dass man den Überblick verliert. Jeder Hashtag öffnet einen neuen.“ Was war das früher einfach. Die Zeitungen rahmten ihren Lesern die Welt, und die „Welt“ hieß sogar so. Zeitungen und Papier stimmen heute viele Menschen nostalgisch. Andreas Barthelmess ist Ökonom, Start-up-Unternehmer und Publizist.

Im Jahr 2001 präsentiert Steve Jobs den iPod

Nein, das Leben Anfang der Nullerjahre war längst noch nicht der Alltag, in dem man heute lebt. „Online“ und „digital“ waren ein Extra hier, ein Gimmick dort. Eine spannende Spielerei für Berufseinsteiger und Studierende, wenn sie es sich leisten konnten. Im Jahr 2001 schlägt mit dem ersten iPod die Stunde des Steve Jobs. Er präsentiert einen neuen, besseren Walkman – aber ohne Tonträger. Die Kassette ist out, der Discman war ohnehin Mist. Jetzt ist der iPod da, auf den mehr CDs passen als in die Schrankwand der Eltern.

Über Nacht geht es der alten Musikindustrie an den Kragen. Die Kassette ist tot, die CD sieht ihrem Ende entgegen. Das Geschäft mit aufwändig produzierten Musikvideos bricht innerhalb von Monaten zusammen. Zugleich beginnen die Early Adopters, Bücher bei Amazon zu bestellen, und wundern sich, dass das trotz ewig roter Zahlen beim Absender so gut klappt. Dass Amazon-Gründer Jeff Bezos fünfzehn Jahre später der reichste Mann der Welt sein wird, ahnt damals noch niemand.

Im Jahr 2007 stellt Steve Jobs das iPhone vor

Familien und andere Not-so-early-Adopters entrümpeln ihre Keller und Garagen über eBay. Auf einmal ist Deutschland aufgeräumt und feiert so auch sein Sommermärchen zur Fußballweltmeisterschaft. 2006 ist das Jahr, in dem Menschen aus der ganzen Welt die Deutschen offen, sympathisch und im besten Fall sogar lustig finden. Das gab es noch nie, seit Tacitus über die Germanen schrieb. Wenn je die deutsche Einheit erreicht war, dann im Sommer 2006.

Andreas Barthelmess stellt fest: „2007 kommt mit leisem Auftritt ein großer Knall: das iPhone.“ „It works like magic“, sagt Steve Jobs, und das Publikum in San Francisco lacht. Aber das iPhone ist epochal. So wie sich die Zeitzeugen des Mauerfalls daran erinnern, wo sie am Abend des 9. November 1989 waren, so weiß man noch, wo man zum ersten Mal das iPhone in der Hand hielt. Man verstand intuitiv die Logik, alles klappte. Dieser hübsche kleine Monolith! Quelle: „Die große Zerstörung“ von Andreas Barthelmess

Von Hans Klumbies