Künstliche Intelligenz kann Entscheidungen verbessern

Wenn Entscheidungen zu treffen sind, verwenden Experten meist weniger Informationen als Neulinge. Denn sie wissen, was relevant ist und ignorieren den Rest. Wenn einige Aspekte wichtiger sind als andere, halten sich Experten vorrangig an diese Merkmale und stützen ihre Entscheidung unter Umständen nur auf den wichtigsten Aspekt. Gerd Gigerenzers Forschungsteam hat diese Intuitionen in einfache Algorithmen programmiert, die effiziente Entscheidungsbäume heißen. Der Name bringt ihre rasche und ökonomische Logik zum Ausdruck. Gerd Gigerenzer weiß: „Psychologische Künstliche Intelligenz (KI) kann, wie im Fall von effizienten Entscheidungsbäumen, menschliche Entscheidungen fördern und verbessern.“ Im Gegensatz zu vielen komplexen Algorithmen ist psychologische KI transparent, was ihren Nutzern ermöglicht, einen Algorithmus zu verstehen und ihn an veränderte Situationen anzupassen. Gerd Gigerenzer ist ein weltweit renommierter Psychologe. Das Gottlieb Duttweiler Institut hat Gigerenzer als einen der hundert einflussreichsten Denker der Welt bezeichnet.

Künstliche Intelligenz kann missbraucht werden

In Situationen der Ungewissheit sind sowohl menschliche Urteilsfähigkeit wie Transparenz unentbehrlich. Gerd Gigerenzer erläutert: „Das Prinzip der stabilen Welt hilft uns zu verstehen, welche Probleme eine KI-Anwendung eher lösen kann als andere. Allerdings reicht uns dieses Wissen noch nicht, um einzuschätzen, ob es auch in der Wirklichkeit erfolgreich sein könnte. Vielfach ist KI kommerzieller oder militärischer und nicht wissenschaftlicher Natur.“

Kommerzielle Organisationen können Ziele verfolgen, die im Widerspruch zum offiziell verkündeten Zweck ihres Produkts stehen. Selbst in einer stabilen Welt, in der ein KI-Produkt dazu gedacht ist, dem Wohl der Gesellschaft zu dienen, kann KI missbraucht werden und versteckte Interessen verfolgen. Das Problem ist dabei nicht die Technologie, sondern wer hinter ihr steckt. Gerd Gigerenzer rät: „Überprüfen Sie immer, ob die eindrucksvolle Leistung eines Algorithmus durch Vorhersage oder durch Anpassung zustande gekommen ist.“

Rechenleistung hat nichts mit Intelligenz zu tun

Der Physiker Niels Bohr pflegte zu sagen: „Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“ Die Bemerkung wurde Mark Twain, Yogi Berra und einer Vielzahl anderen für ihre witzigen Äußerungen bekannten Personen zugeschrieben. Aber sie ist durchaus ernst zu nehmen. Wie man oft feststellen kann, haben viele sogenannte Vorhersagen nichts mit der Zukunft zu tun. Die Rückschau ist leicht, aber die Vorhersage schwierig, vor allem, wenn es um Liebe und Scheidung geht.

Nachdem Deep Blue und AlphaGo zu den Königen der Brettspiele avanciert waren, machte sich vielfach das Gefühl breit, der Mensch sei nicht mehr die Krone der Evolution. Gerd Gigerenzer stellt fest: „Eine Fülle von populärwissenschaftlichen Autoren beschwor den Aufstieg einer Superintelligenz, eine Singularität und das Verschmelzen von Gehirnen mit Computern zu unsterblichen Cyberkreaturen.“ Wer besonders zum Pessimismus neigte, verkündete das Ende der Menschheit. All diese Geschichten begehen denselben Fehler. Enthusiasten wie Pessimisten setzen Rechenleistung mit menschlicher Intelligenz gleich. Quelle: „Klick“ von Gerd Gigerenzer

Von Hans Klumbies