Die Klugheit sprengt die Fesseln der Unmündigkeit

Denken bedeutet, im mentalen Innenraum zu experimentieren. Menschen bedienen sich ihres immensen Erinnerungsschatzes, den sie über ihre Erziehung, Kultur und Bildung erworben haben, und erleben ihre Gedanken als persönliche Kreationen. Meistens merken sie nicht, dass sie der Erfahrung eines Mitmenschen nachplappern oder durch ein unbewusstes Motiv beeinflusst werden. Denn das Denken ist immer beeinflusst vom Milieu und der Geschichte eines Menschen. Allan Guggenbühl rät: „Um aus dieser Falle herauszukommen, müssen wir es wagen, unseren Irritationen zu folgen, das Außergewöhnliche anzudenken. Klugheit bedeutet, sich immer wieder aus der selbst auferlegten Unmündigkeit zu befreien, Nischen zu entdecken und Rituale zu entwickeln, in denen die Vorgaben des politisch korrekten Denkens und persönlicher Prägungen abgelegt werden.“ Allan Guggenbühl ist seit 2002 Professor an der Pädagogischen Hochschule Zürich tätig. Außerdem fungiert er als Direktor des Instituts für Konfliktmanagement in Zürich.

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Roboter und Algorithmen geben das Tempo der Arbeitswelt 4.0 vor

Josef Käser, Vorstandschef von Siemens, warnt Aktionäre und Mitarbeiter vor neuen Erschütterungen: „Schnelligkeit, Anpassungsfähigkeit und Veränderungsbereitschaft sind mehr denn je gefordert. Unordnung ist die neue Weltordnung.“ Siemens ist überall. „Change“ heißt im Manager-Denglisch die alles beherrschende Überlebensweisheit der Wirtschaftswelt. Wolfgang Kaden blickt zurück: „Während in früheren Zeiten, bis in die Siebziger des vorigen Jahrhunderts hinein, die Unternehmen vielleicht alle zehn Jahre ein Reformprogramm durchliefen, löst heutzutage eine Umorganisation die nächste ab.“ Man nennt das: „Never stop reorganizing.“ Und kaum einer fragt, ob die unmittelbar Betroffenen, die Mitarbeiter, dieses Tempo mitgehen können oder wollen. Die Geschwindigkeit und Häufigkeit von Veränderungen wird wie ein Naturgesetz vorgegeben – vom Wettbewerb, von der Technik, von der Beraterzunft. Wolfgang Kaden gehört zu den renommiertesten Wirtschaftsjournalisten Deutschlands.

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Die neuen Menschen sollen perfekte Wesen sein

Das 19. Philosophicum in Lech am Arlberg wagte unter dem Titel „Neue Menschen! Bilden, optimieren, perfektionieren einen kritischen Blick in die Zukunft. Thematisiert und debattiert wurden die neuesten Fortschritte in der Biomedizin und damit verbunden Visionen, aber auch Bedenken und ethische Fragesellungen. Immer mehr Menschen trainieren und modellieren ihren Körper, sorgen für die richtige Ernährung, nehmen leistungssteigernde Nahrungsergänzungsmittel zu sich und legen sich eine langfristige Anti-Aging-Strategie zurecht. Kleine Defizite und Verfallserscheinungen werden durch die Schönheitschirurgie, größere durch künstliche Implantate und intelligente Prothesen korrigiert. Im Klappentext des Buches „Neue Menschen!“ heißt es weiter: „Das Hirn wird umfassend gefördert, die Seele wird durch Psychopharmaka von allen Irritationen und durch permanente Kontrolle im Gleichgewicht gehalten. Am Ende solcher Optimierungsprozesse steht die Vision eines perfekten, transhumanen Wesens, das reibungslos funktioniert und dem alles Menschliche fremd geworden ist.“

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Alexander Mitscherlich macht sich Gedanken über den Schmutz

Gegenüber Schmutz, Unordnung und Anarchie können Menschen nicht unparteiisch bleiben. Hier scheiden sich die Geister, und zwar, wie Alexander Mitscherlich oft erlebt hat, auf die heftigste Weise. Der Schmutz entzieht sich seiner Meinung nach aber auch dem systematischen Denken, was eine seiner anderen Tücken ist. Alexander Mitscherlich schreibt über seine anderen Eigenschaften folgendes: „Aber Schmutz ist zufällig. Er fällt aus der Luft, gleichmäßig und ungerufen. Er ist beleidigend. Er ist herausfordernd: wisch das mal ab.“ Der Schmutz verursacht Ärger, Reinigung kostet Zeit und Geld. Wo er sich niederlässt, ist Unordnung. Er wird beseitigt, bekämpft, verhindert oder vermehrt, vertuscht. Man kann ihn mit einer Fingerprobe nachweisen, aber manchmal hält er sich unsichtbar. Alexander Mitscherlich vergleicht den Schmutz auch mit der Korruption, bei der Geld an der Stelle von Schmutz an den Fingern kleben bleibt.

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Robert Pfaller ergründet die Angst vor dem Leben

Lust, Genuss, Ausgelassenheit und Unvernunft werden zunehmend von der Gesellschaft diskriminiert. Die meisten Menschen lassen sich von ihrem schlechten Gewissen und den Verboten bevormunden. Der Wiener Philosoph Robert Pfaller weiß, warum dies so ist. Robert Pfaller sagt: „Beim Versuch, am liebsten ewig zu leben, töten die Menschen ihr Leben schon vor dem Tod. Weil sie sich alles, was das Leben lebenswert macht, verbieten oder verbieten lassen.“ Der Mensch der Postmoderne übersieht dabei allerdings, dass er dabei aseptisch, lustlos, humorlos und postsexuell lebt. Alle möglichen Ängste treiben ihn um, schon der Anblick einer Zigarette kann ihm einen tödlichen Schrecken einjagen.

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Rebekka Reinhard zeigt die Vielfalt des Fremden

Überall wo der Mensch die Erfahrung macht, sich nicht auszukennen, begegnet er laut Rebekka Reinhard dem Fremden. Doch es gibt Unterschiede zwischen fremd und fremd. Zuerst ist fremd einmal alles, was neu ist. Dann ist fremd auch, was sich der unmittelbaren Wahrnehmung und dem Erfahrungshorizont des Menschen entzieht. Es gibt noch weitere Varianten des Fremden. Die Philosophin schreibt: „Fremd ist, was nicht normal ist: Ausnahmezustände wie Krieg, Naturkatastrophen oder Krankheit. Fremd ist schließlich auch die absolut andere menschliche Existenz und Identität, das ewig Unbegreifliche Unerklärliche: der Tod, der Kosmos, das Göttliche.“

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