Heimat kann Geborgenheit vermitteln

Wilhelm Schmid stellt fest: „Liebende, die in einer Waldwiese versinken, folgen der Logik der Gefühle, die sie in sich verspüren. Vielleicht folgen sie jedoch auch der Logik der Landschaft, die sie zu Gefühlen ermuntert.“ Entgegen dem äußeren Anschein ist eine Umgebung nicht einfach nur da. Denn sie ruft auch Gedanken und Gefühle wach, regt etwa ein Verweilen an oder hält davon ab. Sie kann befremden oder die Geborgenheit einer Heimat vermitteln, sei es für die Liebe oder andere Tätigkeiten und Seinsweisen, momentan oder anhaltend. Manche Menschen halten Landschaft für völlig überwertet, nichts als Kulisse, aber es gibt kein Entrinnen. Leben ist immer Leben in einer Landschaft. Heimat ebenso. Die jeweilige Umgebung zu ignorieren dient allenfalls dazu, eine eventuelle Belastung durch sie abzumildern. Wilhelm Schmid lebt als freier Philosoph in Berlin.

Eine kulturelle Landschaft bleibt lange erhalten

Sie zu affirmieren, sie also willentlich zu bejahen, erleichtert die Beheimatung in ihr. Heimat kann die Bedeutung sein, die einer Landschaft gegeben wird. Sei es aufgrund einer Erfahrung von Liebe in ihr oder auch zu ihr selbst. Ursprünglich waren mit Landschaft – im Deutschen – Bewohner eines Landes gemeint, bevor ein geographischer Begriff daraus wurde, der ein Stück Land, eine Gegend und Umgebung bezeichnet. Eine Landschaft kann die Gewissheit bieten, die sich viele von der Heimat erhoffen, um mit Blick darauf ihr Leben einrichten zu können.

Ein Gewässer bleibt noch für lange Zeit Bach, Fluss, See und Meer. Wilhelm Schmid fügt hinzu: „In endlosen Zeiten aufgetürmte Berge flachen sich in unvorstellbaren Zeiten wieder ab. Ein Wald mag von Menschen gepflanzt worden sein, markiert dann jedoch über Generationen hinweg den Horizont.“ Auch kulturelle Landschaften bleiben für längere Zeit erhalten. Eine Stadtlandschaft wird für Jahrzehnte und Jahrhunderte zum vertrauten Bild. Häuser, die jemand baut, stehen nicht morgen schon an einem anderen Ort.

Fragmentierung verhindert Heimatgefühle

All diese Landschaften verkörpern die Wirklichkeit, in deren Rahmen Menschen die Möglichkeiten des Lebens durchwandern. In ihnen können sie sich mit traumwandlerischer Sicherheit bewegen, wenn sie mit den Gegebenheiten vertraut sind und sich auskennen. Der Traum vieler ist, dass das auch mit Beziehungslandschaften so sein möge. Einzelne Elemente fügen sich zum Gesamtbild der Landschaft, in der Heimat zu finden ist. Zu diesem Bild wird eine Umgebung, die als Komposition erscheint, als Zusammensetzung von Komponenten.

Wilhelm Schmid erklärt: „Die Zusammenhänge der Teile geben dem Ganzen Sinn, zumindest aus subjektiver Sicht. Wo nur Fragmentierung vorherrscht, stellen sich schwerlich Heimatgefühle ein.“ Für den Blick des Einzelnen kann auch dort alles zusammenstimmen, wo für andere nichts zusammenpasst. Was aber subjektiv zusammenstimmt, kann auch objektive Gründe haben: Stimmung ist die Landschaft, die alles fürs Leben bietet. In der Natur ist das oft dort, wo Wasser ist. Das fließt dort, wo Hügel, Berge, Felsen sind. Energie für alle Prozesse liefert der Himmel aus Sonnenlicht. Quelle: „Heimat finden“ von Wilhelm Schmid

Von Hans Klumbies