Der Held im Bildungsroman ist immer ein Mann

Die Rehabilitierung des Romans als Literaturgattung war eine Leistung der Aufklärung, aber erst in der Kunstepoche erlangte der Roman weltliterarische Geltung und trat gleichberechtigt neben das Drama. Als Kunstepoche bezeichnete Heinrich Heine die Zeit zwischen der Französischen Revolution 1789 und dem Tod Johann Wolfgang von Goethes 1832. Johann Wolfgang von Goethes „Werther“ (1774) und Christoph Martin Wielands „Agathon“ (1766/67) stellten die ersten Versuche dar, Erfahrungen und Entwicklungen des bürgerlichen Individuums episch zu erfassen. Beide Romane waren jedoch noch weit davon entfernt, die hoch gesteckten Hoffnungen zu erfüllen, die Friedrich von Blanckenburg in seiner „Theorie des Romans“ (1774) mit dem bürgerlichen Roman verbunden hatte. „Werther“ bot nur einen höchst subjektivistischen Ausschnitt der Gesellschaft. „Agathon“ war in ein antikes Gewand gehüllt und verdeckte die bürgerliche Identitätsproblematik mehr, als dass er sie verdeutlichte.

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Die Künstliche Intelligenz lässt das Leben bunter aussehen

„Kreativ sein“ – das ist heute in erster Linie nicht mehr die Domäne von ausgewählten künstlerischen Berufen oder von kleinen Kindern. Es ist vielmehr eine Anforderung an alle Menschen, ein reiches und durchgestaltetes Leben zu führen. Holger Volland fügt hinzu: „Wer die sozialen Medien so ernst nimmt wie die 51 Prozent deutsche Jugendliche, die regelmäßig Instagram nutzen – für den ist es sogar eine Notwendigkeit, seine Online-Persönlichkeit professionell kreativ zu gestalten.“ Vergleicht man Selbstporträts der „Generation Instagram“ mit denen älterer Menschen, fällt dies sofort auf, denn ungewollte Schnappschüsse oder echte, aus dem Leben gegriffene Situationen finden sich bei den Jungen nicht mehr. Der Informationswissenschaftler Holger Volland lehrte an der Hochschule Wismar Gestaltung und kuratierte große Ausstellungen der Gegenwartskunst in Argentinien und Deutschland.

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In der Kunst spielt die Freiheit eine herausragende Rolle

Von vielen Theoretikern der Freiheit unterschätzt, spielen im Prozess der Moderne die Kunst und bei ihr das Prinzip der Freiheit eine herausragende Rolle. Ein Grund für das Unterschätzen liegt für Otfried Höffe auf der Hand: „Die wenigsten Freiheitstheoretiker verfügen über hinreichende Sachkenntnis für die so vielfältige wie vielseitige Kunst, reicht diese doch von der Musik über die bildenden Künste samt Architektur bis zur Dichtung, dem Theater und dem Film.“ Nicht minder vielfältig sind die freiheitstheoretischen Aspekte. Wie die frühe, später die klassische Philosophie Europas spricht auch die älteste europäische Literatur griechisch. Die ältesten Dichtungen des europäischen Kulturraums werden einem gewissen Homer zugesprochen, der die Epen „Ilias“ und „Odyssee“ schuf. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Zu jedem Zeitpunkt zeigen Menschen Gefühle

Träumen ist Geschichtenerzählen in Bildern. Der Psychoanalytiker Stephen Grosz schreibt: „Ich denke, wir versuchen alle, dem Leben durch das Erzählen unserer Geschichte einen Sinn zu verleihen.“ Der deutsch-britische Psychiater und Psychoanalytiker S. H. Foulkes fügt hinzu: „Die fließende Visualisierung, wie sie in unseren Träumen geschieht, ist ein Denkprozess.“ Damit knüpft er an Sigmund Freud an, für den Träume nichts anderes als eine „besondere Form des Denkens“ sind. Sprache und Bilder sind für David Gelernter nicht einfach nur zwei verschiedene Ausdrucksmittel: „Zum Beispiel bringen wir Kindern das Sprechen und Schreiben bei, nicht aber in gleichem Maße das Zeichnen.“ Bei der Sprache geht es um Präzision, Prägnanz und Abstraktion. Bilder dagegen transportieren eine Fülle konkreter Details wie manchmal auch die Nuancen, die Gefühle und Atmosphäre ausmachen. David Gelernter ist Professor für Computerwissenschaften an der Yale University.

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Die Vernunft kennt nicht die Gründe des Herzens

Gefühle verweisen nicht nur auf einschneidende Veränderungen, sie können einen Menschen auch zu ethisch hochstehenden Handlungen motivieren, die jenseits des Horizonts des Verstandes liegen. Blaise Pascal hat das im 17. Jahrhundert auf die berühmte Formel gebracht: „Das Herz hat seine Gründe, die die Vernunft nicht kennt.“ Die Emotionen ermöglichen eine Art von Wirklichkeitserfahrung als es der bewussten Vernunft möglich ist. Ulrich Schnabel erläutert: „Denn das rein analytische Denken bezieht immer nur jene Informationen in sein Kalkül ein, die unserem Bewusstsein zugänglich sind – doch diese liefern lediglich einen begrenzten Ausschnitt der Realität und niemals das vollständige Bild. Die Emotionen sind zwar weniger zielgenau, greifen aber auf ein viel größeres Reservoir an Erfahrung zurück. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Die Kunst von Paul Klee hat dem fernen Osten viel zu verdanken

Schon im Jahr 1900, als Paul Klee als Auftragswerk eine Aarelandschaft auf einen fünfteiligen Wandschirm malte, ist in dieser Komposition der Einfluss fernöstlicher Kunst zu spüren. Dies bedeutet vor allem, dass die Höhe hier gleichzeitig der Tiefe des Raumes entspricht. In der frühen Entwicklung der Zeichnungen Paul Klees spielt die Kunst des japanischen Holzschnitts eine nicht zu unterschätzende Rolle. Osamu Okuda nennt ein Beispiel: „Für die Figuren auf dem Blatt „drei auf einem Bein tanzende Akte“ diente Klee eine Akrobatenstellung von Hokusai als Inspiration. Klee verfremdete die heiteren asiatischen Körperkunststücke zu skurrilen Tanzszenen mit abnormen Verrenkungseinlagen, versuchte dabei aber, die sparsame, stilisierte Darstellungsweise des fernöstlichen Künstlers zu bewahren.“ Auch die asiatische Tuschmalerei, mit der sich Paul Klee zwischen 1910 und 1914 beschäftigte, diente ihm in einigen seiner Bilder als Quelle neuer Gestaltungsmöglichkeiten.  

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Mit "Cantos" ging Ezra Pound in die Weltliteratur ein

Der Dichter Ezra Pound gehörte zu den einflussreichsten amerikanischen Lyrikern des vergangenen Jahrhunderts. Seine größte Schöpfung ist das Langgedicht „Cantos“, das in den Jahren 1915 bis 1959 entstand und zur Weltliteratur gezählt wird. Ezra Pound war aber nicht nur Lyriker, er war gleichzeitig Übersetzer, Verleger und Literaturtheoretiker. Der Dichter wurde in Idaho geboren und wuchs in Pennsylvania auf. Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte Ezra Pound aber in Europa, in das er 1908 reiste. Zuerst lebte er in Venedig, dann bis 1920 in London, wo er mit seinem Werk „Des Imagistes“, das 1914 erschien, zum Begründer des Imagismus wurde. 1920 erschien die Gedichtfolge „Hugh Selwyn Mauberley“.

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Der Jazz-Saxophonist Joe Lovano spielt "Bird Songs"

Joe Lovano gehört zu den vielseitigsten Saxophonisten des Jazz. Der 58-jährige Amerikaner hat seine neue CD „Bird Songs“ Charlie Parker gewidmet. Er begründet dies damit, dass ihm sein Vater das Saxophonspiel mit der Musik Charlie Parkers beigebracht hat. Joe Lovano erzählt: „Viele Lehrstunden bei meinem Dad bestanden darin, dass wir Parkers Melodien und Soli unisono gespielt haben. Mein Vater sprach ein Leben lang davon, was für ein Genie der gewesen sei.“ Anfang der fünfziger Jahre hatte sein Vater Charlie Parker sogar einmal live erlebt, wobei der ganze Saal vibriert habe. Charlie Parkers Ton und Phrasierung seien ungemein klar und intensiv gewesen. Die Schallplattenaufnahmen konnten diese Technik und Stimmung bei weitem nicht wiedergeben.

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Die neue CD "Nobody´s Daughter" von Courtney Love

Die aktuellen Songs von Courtney Love, die auf „Nobody´s Daughter“ zu hören sind, entstanden, weil eine der umstrittensten Frauen des Rock gerade in Stimmung war, Lieder zu schreiben. Warum das so war, kann sie selbst nicht beantworten. Diese Lust am Komponieren nutzte Courtney Love natürlich aus und hat ziemlich gute Songs geschrieben. Courtney Love sagt über ihr neues Album: „Die neue Platte ist ziemlich mächtig. Sie ist gut.“ „Nobody´s Daughter ist die erste Veröffentlichung von Courtney Love mit ihrer Band „Hole“ seit zwölf Jahren.

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