Mit "Cantos" ging Ezra Pound in die Weltliteratur ein

Der Dichter Ezra Pound gehörte zu den einflussreichsten amerikanischen Lyrikern des vergangenen Jahrhunderts. Seine größte Schöpfung ist das Langgedicht „Cantos“, das in den Jahren 1915 bis 1959 entstand und zur Weltliteratur gezählt wird. Ezra Pound war aber nicht nur Lyriker, er war gleichzeitig Übersetzer, Verleger und Literaturtheoretiker. Der Dichter wurde in Idaho geboren und wuchs in Pennsylvania auf. Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte Ezra Pound aber in Europa, in das er 1908 reiste. Zuerst lebte er in Venedig, dann bis 1920 in London, wo er mit seinem Werk „Des Imagistes“, das 1914 erschien, zum Begründer des Imagismus wurde. 1920 erschien die Gedichtfolge „Hugh Selwyn Mauberley“.

Subjekt und Objekt sollen über die Sprache verschmelzen

Als Dichter wollte Ezra Pound nicht die radikale Ablösung von jeder Tradition, sondern eine evolutionäre Verwandlung des Alten in etwas Neues, in etwas, dass noch nicht existiert hat und voller Überraschungen sein sollte. Die Quelle seiner Erneuerung war die fernöstliche Dichtung, er schöpfte vor allem aus der Tradition des „haiku“, das sich durch eine enorme Dichte des Gedichteten bei paralleler Einfachheit der Bilder auszeichnet.

Sie führte ihn zu seiner imagistischen Gedichtsform, die das Ding an sich in den Mittelpunkt der Bemühungen stellte. Es geht ihm um die sprachliche Darstellung der Emotionen und Reflexionen des Augenblicks, die ein Dichter empfindet, wenn er einen Gegenstand betrachtet. Er versuchte Subjekt und Objekt über die Sprache zu verschmelzen.

Ezra Pound schuf eine komplett offene Gedichtsform

Sein berühmtestes Werk ist ohne Zweifel das Langgedicht „Cantos“. Drei fast durchgehende Prinzipien der Komposition halten die Lyrik zusammen: erstens das Prinzip des Ideogramms, in dem unvereinbare Bildbereiche dynamisch überlagert werden, zweitens das Prinzip der Metamorphose, in dem sich das ewig gleiche in immer neue Formen verwandelt und drittens das Prinzip der persona, das dem lyrischen Ich erlaubt, sich Masken der unterschiedlichsten Persönlichkeiten aus den Mythen, der Literatur sowie der Kulturgeschichte aufzusetzen.

Dadurch erreicht der Dichter einen Schwebezustand zwischen sich und seinem zweiten literarischen Ich, es entsteht eine komplett offene Gedichtsform, die das Evolutionäre jeglichen Seins widerspiegelt. Neben seiner eigenen schriftstellerischen Arbeit förderte er Talente wie William Carlos Williams, James Joyce und T. S. Eliot. Von Frankreich aus zog Ezra Pound 1924 nach Italien um, wo er auch Literaten förderte.

Außerdem beschäftigte er sich viel mit wirtschaftswissenschaftlichen und politischen Theorien und wurde zu einem leidenschaftlichen Anhänger Benito Mussolinis. Seine Begeisterung für den Duce ging so weit, dass er sich während des Zweiten Weltkriegs für antiamerikanische Radiopropaganda hergab. Nachdem Ezra Pound in die USA zurückgehrt war, wurde er des Hochverrats angeklagt und in eine psychiatrische Klinik in Washington eingewiesen. 1958 wurde der Dichter entlassen, ging wieder nach Europa und verbrachte die letzten Jahre seines Lebens zurückgezogen in der italienischen Stadt Merano.

Von Hans Klumbies