Alexander Emmerich erläutert das Selbstverständnis der USA

Die amerikanische Nationalhymne wurde im Jahr 1814 von Francis Scott Key während des Zweiten Unabhängigkeitskrieges gegen Großbritannien verfasst. Francis Scott Key gab darin dem Selbstverständnis der Vereinigten Staaten von Amerika als freies und demokratisches Land deutlich Ausdruck. Laut Alexander Emmerich im unausgesprochenen Gegensatz zum monarchistischen England und den übrigen europäischen Staaten. Die politischen und gesellschaftlichen Fundamente Amerikas unterscheiden sich grundsätzlich von allen anderen Nationen. Alexander Emmerich erklärt: „Sie entstanden aus einem politisch-religiösen Gründungsakt, der Glauben und Vernunft, Puritanismus und Aufklärung miteinander verband. Mehr noch, die USA wurde bewusst gegen das Grundprinzip der Alten Welt, gegen die Legitimierung durch Tradition und Geschichte sowie gegen die historische Legitimität europäischer Herrschaft gegründet.“ Der Historiker Alexander Emmerich lehrt an der Universität Augsburg am Lehrstuhl für transatlantische Kulturgeschichte.

Beide Weltkriege wurden durch die Intervention der USA entschieden

Deshalb hängen die USA als eine Nation von Einwanderern aus aller Welt vielmehr als andere Nationen von der Integrationskraft ihres moralisch-religiösen Gründungsanspruchs ab. Die amerikanische Republik ist laut Alexander Emmerich ein Vernunftstaat, der auf zwei Säulen ruht: auf den demokratischen Werten der Aufklärung und Freiheit sowie auf den Grundsätzen des Puritanismus. Alexander Emmerich fügt hinzu: „Bis zum Eintritt in den Ersten Weltkrieg interessierten sich die Amerikaner nur spärlich für Europa und den Rest der Welt.“

Ihr Interesse richtete sich ganz auf die eigene Hemisphäre. Im Jahr 1823 sagte Präsident James Monroe den berühmten Satz: „Amerika den Amerikanern.“ Diese Einstellung änderte sich erst im 20. Jahrhundert. Alexander Emmerich erklärt: „Die Amerikaner griffen von 1917 in das Weltgeschehen ein und versuchten, die Idee von Freiheit und Demokratie zu verteidigen und zu verbreiten. In beiden Weltkriegen wurde der Kriegsverlauf durch die Intervention der USA entschieden.“

Der Kampf zwischen Gut und Böse ist ein wesentlicher Bestandteil der amerikanischen Politik

Im Zeitalter des Kalten Krieges stellten sich die Vereinigten Staaten von Amerika gegen das Vordringen der UdSSR in Europa und vor allem in den Ländern der sogenannten Dritten Welt. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts hat sich die USA in eine Supermacht verwandelt. Alexander Emmerich weist darauf hin, dass ein Kriegseintritt, die Kriegsführung sowie die Ergebnisse der militärischen Auseinandersetzungen stets mit einer entsprechenden Propaganda einhergingen. Es wurde dabei stets das Bild bemüht, dass die USA gegen das Böse in der Welt kämpfe und so die Menschheit zu einem besseren Miteinander führe.

Diese stark polarisierte Zweikampf zwischen Gut und Böse zieht sich für Alexander Emmerich wie ein roter Faden durch die amerikanische Politik und findet sich beispielsweise auch in der amerikanischen Populärkultur, die auf der ganzen Welt einen großen Einfluss ausübt. Alexander Emmerich vertritt die These, dass die amerikanischen Interventionen von einer Sendungsidee geleitet sind, die bis ins frühe 17. Jahrhundert zurückgeht. Die neue Nation Amerika hatte zwar europäische Wurzeln, entwickelte sich aber frei von den Barrieren, Herrschern und Unterdrückern der Alten Welt.

Von Hans Klumbies