Gerald Hüther erkundet den Begriff der Würde in der Philosophie

Sogar die griechischen Philosophen, so gern und oft zitiert, machten sich um die Würde weit weniger Gedanken, als man annehmen konnte. Wenn sie ein Wort hatten, das dem der „Würde“ ähnelte, dann war es das griechische „to axioma“, was „Ansehen“ bedeutete, „Machtstellung“, „Ehre“ oder „Wertschätzung“. Gerald Hüther stellt fest: „Aber all das waren veränderliche Merkmale, abhängig von anderen und den Umständen ausgeliefert. Die Würde als eine dem Menschen eigene und innewohnende Eigenschaft, unabhängig von den Zeitläufen und nicht jederzeit neu verhandelbar: Das war keine Vorstellung, von der sich die antiken Denker leiten ließen.“ Intensiver beschäftigten sie sich mit der Seele des Menschen, der Psyche, und zum Beispiel der Frage, um wie viel wertvoller diese gegenüber dem Körper sei. Gerald Hüther zählt zu den bekanntesten Hirnforschern in Deutschland.

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Der Kaiser wurde zum Symbol der neuen deutschen Nation

Mit der Gründung des Deutschen Reichs im Januar 1871 war das seit Beginn des Jahrhunderts offene Problem eines deutschen Nationalstaats mit dem Schwert gelöst worden. Alle anderen Anläufe, insbesondere der bürgerlich-revolutionäre Versuch von 1848/49 waren vorher gescheitert. Ulrich Herbert erläutert: „Das Reich war von Fürsten, Beamten und Militärs geschaffen worden, nicht von Bürgern, Bauern oder Arbeitern. Das spiegelte sich in Verfassung und politischer Struktur ebenso wider wie in den gesellschaftlichen Rangordnungen.“ Das politische Herrschaftssystem basierte auf vier Verfassungsorganen: Kaiser, Kanzler, Reichstag und Bundesrat. Das Parteiensystem setzte sich aus fünf relativ stabilen Parteirichtungen zusammen: Konservative, Nationalliberale, Linksliberale, Zentrum und Sozialdemokratie. Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Der Liberalismus verbündet sich mit der Arbeiterklasse

Der Liberalismus wollte die Kultur außerhalb des Staats ansiedeln. Davon abgesehen wollte er den Staat nicht vernichten, sondern begnügte sich laut Otto Kircheimer damit, in ihm eine seiner ökonomischen Position äquivalente Machtstellung zu erringen. In diesem Kampf, der immer voll Respekt und geheimer Bewunderung für die diesen Staat repräsentierenden Mächte blieb, war die Waffe des Liberalismus die Konstitution. Otto Kirchheimer schreibt: „Der geringe politische Eigengehalt des Liberalismus ließ ihn in Frankreich zweimal dem Machtwillen eines Napoleon unterliegen, während er in Deutschland in vorbismarckscher und Bismarckscher Zeit seine Selbstständigkeit gegenüber der Staatsmacht immer wieder preisgab.“ Die Konstitution und der Rechtsstaatsgedanke überhaupt, in die der Liberalismus laut Otto Kirchheimer ein ihre wahre Bedeutung weit übersteigertes Vertrauen setzte, sollte ihm dazu verhelfen, die herrschenden Adelsschichten auf einen genau festgelegten Tätigkeitsbereich festzulegen.

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