Die Politik hat ihre Vorherrschaft an die Wirtschaft verloren

Die Welt erlebt nun seit einigen Jahren eine dreifache Krise. Thomas Seifert nennt sie beim Namen: „Eine Krise des Kapitalismus, die mit dem Beinahe-Kollaps der Weltwirtschaft nach dem Lehman-Pleite am 15. September 2008 offenbar geworden ist, eine Krise der westlichen (Parteien-) Demokratie, die die Probleme nicht lösen kann, und – durch die Verschiebung des Schwerpunkts des Globus von West nach Ost – eine Krise der Weltordnung, des Global Governance Systems.“ Die drei Krisen sind miteinander verwoben, bedingen und verstärken einander, und ein Ende ist nicht in Sicht. Die Wirtschaft hat die zentrale Funktion der Steuerung der Gesellschaft übernommen, die Vorherrschaft der Politik ist längst verloren. Die Wähler haben verstanden, dass die Politik das Gesetz des Handelns an die Ökonomie abgetreten hat, und strafen die politischen Akteure mit Ignoranz, Misstrauen, Totalverweigerung oder Anti-Politik. Thomas Seifert ist stellvertretender Chefredakteur und Leiter der Außenpolitik bei der Wiener Zeitung.

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Nach 1989 herrscht eine kurze Epoche der Freiheit

Im Jahr 1815, nach den Napoleonischen Kriegen und am Ende des Wiener Kongresses am 9. Juni, war Großbritannien zur Führungsmacht in der Welt aufgestiegen. Das britische Imperium reichte von Australien über Teile des heutigen Malaysia, Indien, dem Kap der Guten Hoffnung und Sierra Leone an der Westküste Afrikas bis nach Kanada. Thomas Seifert ergänzt: „Das britische Pfund war die globale Leitwährung, London der wichtigste Finanzplatz der Welt. In den 1870er Jahren überholten die Vereinigten Staaten Großbritannien wirtschaftlich, aber erst nach dem Ersten Weltkrieg übernahmen die USA die Führung der westlichen Welt.“ Nachdem der Zweite Weltkrieg Europa, Japan und weite Teile von China und Asien verwüstet hatte, war Japan geschlagen, Deutschland zerstört, Frankreich und Großbritannien erschöpft, und Osteuropa in den Einflussbereich der Sowjetunion geraten. Thomas Seifert ist stellvertretender Chefredakteur und Leiter der Außenpolitik bei der Wiener Zeitung.

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Die Banken sind Umverteilungsmaschinen von unten nach oben

Die Konzentration wirtschaftlicher Macht in der Realwirtschaft gibt Anlass zur Sorge. Und nach wie vor sind die Finanzmärkte nicht gebändigt. Und sie stellen für den grünen Politiker Gerhard Schick dadurch eine gefährliche Macht dar. Die Deregulierung der Märkte hat dazu geführt, dass das Zusammenwirken der Finanzakteure eine gefährliche Dynamik entwickelt, die auch in Zukunft schwer zu bewältigende Finanzkrisen produzieren kann. Gerhard Schick behauptet: „Die Wahrscheinlichkeit einer Finanzkrise ist leider heute nicht geringer als zu der Zeit, als die US-amerikanische Bank Lehman Brothers oder die deutsche Hypo Real Estate zusammenbrachen und in der Folge dann die gesamte Bankenbranche gerettet wurde.“ Zudem sind seiner Meinung nach die Banken eine enorme Maschine der Umverteilung von unten nach oben, die dringend gestoppt werden muss. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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Amerikanische Aktien verloren in 3 Jahren 90 Prozent ihres Werts

Am 24. Oktober 1929 lösten sich in kurzer Zeit an der New Yorker Börse elf Milliarden Dollar in Luft auf, was damals 1,5 Prozent des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts entsprach. Für Wirtschaftshistoriker ist diese sogenannte „Schwarze Freitag“ der Katastrophentag schlechthin, der Beginn der Weltwirtschaftskrise. Während der heißen Phase der Finanzkrise 2008 schien einiges dafür zu sprechen, dass sich die Katstrophe von 1929 wiederholen würde: Die mit Krediten finanzierten Aktien- und Immobilienkäufe, dazu die Ansteckungsgefahr auf den international verflochtenen Finanzmärkten. Doch der 24. Oktober 1929 war in Wirklichkeit gar nicht der größte Börsencrash der Geschichte, denn der Aktienhandel ging an diesem Tag mit einem verkraftbaren Verlust von 2,1 Prozent vom Parkett. Denn das Schlimme kam erst später. Es wurde durch vermeidbare Fehler der Politik in Amerika und Europa verursacht. Zunächst zeigt es sich mit einer gewissen Verzögerung, dass die Aktienkurse immer noch zu hoch waren.

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