Amerikanische Aktien verloren in 3 Jahren 90 Prozent ihres Werts

Am 24. Oktober 1929 lösten sich in kurzer Zeit an der New Yorker Börse elf Milliarden Dollar in Luft auf, was damals 1,5 Prozent des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts entsprach. Für Wirtschaftshistoriker ist diese sogenannte „Schwarze Freitag“ der Katastrophentag schlechthin, der Beginn der Weltwirtschaftskrise. Während der heißen Phase der Finanzkrise 2008 schien einiges dafür zu sprechen, dass sich die Katstrophe von 1929 wiederholen würde: Die mit Krediten finanzierten Aktien- und Immobilienkäufe, dazu die Ansteckungsgefahr auf den international verflochtenen Finanzmärkten. Doch der 24. Oktober 1929 war in Wirklichkeit gar nicht der größte Börsencrash der Geschichte, denn der Aktienhandel ging an diesem Tag mit einem verkraftbaren Verlust von 2,1 Prozent vom Parkett. Denn das Schlimme kam erst später. Es wurde durch vermeidbare Fehler der Politik in Amerika und Europa verursacht. Zunächst zeigt es sich mit einer gewissen Verzögerung, dass die Aktienkurse immer noch zu hoch waren.

Deutschland litt gewaltig unter der Weltwirtschaftskrise

Am 28. und 29. Oktober brachen die Aktienkurse in New York erneut ein, diesmal um 11,82 und 11,73 Prozent. Viele Investoren, die Aktien auf Kredit gekauft hatten, waren nun bankrott. Die Kurse rauschten bis zum 8. Juli 1932 weiter in den Keller. An dem Tag stand der Dow bei 41,22 Punkten, was einem Kursverlust von rund 90 Prozent gegenüber dem Höchststand von 1929 entsprach. Neben den USA war Deutschland am schwersten von der Wirtschaftskrise betroffen. Nach 1924 hatte die Weimarer Republik ein paar gute Jahre erlebt, die allerdings mit amerikanischen Kapital finanziert worden waren.

Nach dem Börsencrash drehten sich die Kapitalströme um, die Geldgeber brauchten Reserven und New York, wodurch Deutschland in eine Rezession stürzte. Der Reichsregierung unter Kanzler Hermann Müller (SPD) ging das Geld aus: Die Steuereinnahmen gingen zurück, die Sozialausgaben stiegen. Grundsatzfragen der Politik wurden immer häufiger über Arbeitsmarktdebatten ausgehandelt. Weil die SPD sich einem Kompromiss zur Finanzierung der Arbeitslosenversicherung mit der nationalliberalen Deutschen Volkspartei verweigerte, reichte Hermann Müller am 27. März 1930 seinen Rücktritt ein.

Die Erhöhung der Zölle trug zum Zusammenbruch des Welthandels bei

Eigentlich wegen eine Lappalie war damit das Ende der letzten demokratisch gewählten Regierung der Weimarer Republik besiegelt. Der Nachfolger von Hermann Müller war Heinrich Brüning, der mit Notverordnungen eine radikale Sparpolitik durchsetzte und damit die Wirtschaftskrise noch verschärfte. Löhne und Sozialleistungen wurden kontinuierlich gekürzt, was nicht nur die Kaufkraft der Bürger schwächte, sondern Heinrich Brüning auch den Titel „Hungerkanzler“ einbrachte. Die nächste politische Dummheit beging die amerikanische Regierung.

Gegen den Protest von über 1.000 amerikanischen Ökonomen beschloss der amerikanische Kongress den berüchtigten Smoot Hawley Tariff Act. Das Gesetz erhöhte die Zölle für über 900 Produkte zum Teil auf Rekordniveau. Dies trug wesentlich zum Zusammenbruch des Welthandels in der Großen Depression bei, war aber nicht die einzige Ursache. Aus diesem Beispiel hat die Welt allerdings gelernt: Achtzig Jahre später war Protektionismus bei den Regierungen verpönt. Zudem setzte die Federal Reserve alles daran, die Fehler der Dreißigerjahre zu vermeiden. Die Notenbank erhöhte die Geldmenge nach 2007 um fast jeden Preis, senkte die Zinsen bis auf fast null Prozent und weitete ihre Bilanz von unter 900 Milliarden auf 4,4 Billionen Dollar aus. Quelle: Süddeutsche Zeitung

Von Hans Klumbies