Den Menschen ist ihre Unfreiheit in der Freizeit nicht bewusst

Das Wort Freizeit ist relativ jüngeren Ursprungs. Früher sagte man Muße, die ein Privileg unbeengten Lebens bezeichnete. Sie war laut Theodor W. Adorno deshalb auch dem Inhalt nach wohl etwas qualitativ anderes, etwas Glückvolleres. Der Begriff Freizeit dagegen weist auf eine spezifische Differenz hin, auf die von der nicht freien Zeit, die von Arbeit ausgefüllt ist, und zwar, fügt Theodor W. Adorno hinzu, der fremdbestimmten. Freizeit ist also an den Gegensatz von Arbeit gekettet. Dieser Gegensatz prägt ihr selbst ganz wesentliche Züge ein. Ganz prinzipiell darüber hinaus hängt die Freizeit auch sehr vom gesellschaftlichen Gesamtzustand ab. Theodor W. Adorno, geboren am 11. September 1903 in Frankfurt am Main, gestorben am 6. August 1969, lehrte in Frankfurt als ordentlicher Professor für Philosophie und Direktor des Instituts für Sozialforschung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität.

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In Europa wollen sich die Menschen voneinander unterscheiden

Die Entwicklung von Migration und kultureller Verschiedenheit weist laut Andreas Wirsching darauf hin, dass Europa trotz seines langfristigen Trends zum Nationalstaat zugleich auch immer ein transnationaler Raum gewesen ist. Er denkt dabei zum Beispiel an die Vielvölkerreiche  in Ost- und Südosteuropa. Zudem resultierte jede nationale Kultur aus konkreten Mischformen vielfältiger Einflüsse. Aber in dem Maße, indem Europa seit den 1970er Jahren raumzeitlich stärker zusammenwuchs, Grenzen abgebaut, Reisen erleichtert und Kommunikationsmittel immer leistungsstärker wurden, stieg auch das Bedürfnis der Menschen sich zu unterscheiden. Andreas Wirsching schreibt: „Wo sich Europa kulturelle beschleunigte und Lebensstile sich anglichen, wo Mobilität und Migration zur Alltagserfahrung wurden, ging es immer auch darum, sich einen eigenen, unverwechselbaren Platz zu sichern.“ Andreas Wirsching ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

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