Slavoj Žižek warnt vor dem Rechtspopulismus in Europa

Die größte Gefahr im gegenwärtigen Europa ist für den Philosophen Slavoj Žižek die Radikalisierung der Einheimischen, die schon längst im Gange ist. In Frankreich gibt es den Front National, in Deutschland Pegida und AfD. Auch in anderen Ländern nehmen rechtspopulistische und rechtsextremistische Tendenzen zu. Slavoj Žižek warnt: „Die radikale Rechte profitiert vom Flüchtlingschaos. Falls Le Pen und Konsorten an die Macht kommen sollten, wird es nicht mehr das Europa sein, das wir kennen und wollen.“ Slavoj Žižek meint damit das Europa des Universalismus, der Aufklärung, der Menschen- und Freiheitsrechte, der Solidarität, und des Sozialstaates. Europa darf seiner Meinung nach sehr stolz sein auf seine Errungenschaften, und es sollte diese entschieden verteidigen. Europa muss auch von den ankommenden Muslimen verlangen, dass diese die europäischen Werte respektieren.

Vielleicht war Europa noch nie so wichtig wie heute

Die Rechte der Frauen zum Beispiel stehen in Europa nicht zur Disposition. Und die Europäer haben das Recht und die Pflicht, dem Islamismus Grenzen zu setzen. In seiner radikalen Kritik am Kapitalismus sieht Slavoj Žižek das europäische Modell von zwei Typen des Kapitalismus bedroht, die beide undemokratisch sind. Einerseits gibt es den fundamentalen Marktradikalismus amerikanischer Prägung, andererseits den asiatisch-autoritären Kapitalismus, wie er vor allem in China praktiziert wird.

Darum muss sich Europa für seine Werte stark machen. Slavoj Žižek erklärt: „Europas Kapitalismus beinhaltet die Verbindung von individuellen Freiheiten und sozialem Staat. Europa hat der Welt etwas zu bieten. Vielleicht war Europa noch nie so wichtig wie heute.“ Slavoj Žižek will den Kapitalismus allerdings nicht grundsätzlich schlechtreden. Aber der globale Kapitalismus ist zunehmend undemokratisch, er kennt keine Sozialstandards mehr, und er folgt einer unmenschlichen Logik der Verwertung.

Der unfaire Welthandel ist der Grund für Elend und Anarchie

Der globale Kapitalismus ist offenbar nicht in der Lage, seine Freiheitsversprechen einzulösen. Das geplante transatlantische Freihandelsabkommen TTIP nützt nur den Konzernen. Slavoj Žižek fügt hinzu: „Aber nicht nur der unfaire Welthandel ist der Grund für Elend, Anarchie und Kriege, sondern auch die militärischen Interventionen des Westens in den Krisenländern.“ Denn es ist zum Beispiel keine originelle Erkenntnis, dass es den IS nicht geben würde, wenn die Amerikaner im letzten Jahrzehnt nicht im Irak militärisch interveniert hätten.

Das damalige Bombardement hat nichts gebracht, ganz im Gegenteil. Dasselbe hat man bei den Interventionen des Westens in Libyen gesehen. Das Gleiche gilt heute auch für Syrien. Slavoj Žižek fordert: „Man sollten massiven Druck auf die Türkei und Saudi-Arabien ausüben. Wenn diese beiden Länder, die ein doppeltes Spiel spielen, ihre Unterstützung für den IS einstellen würden, würde das Kalifat in drei, vier Monaten zusammenbrechen.“ Zudem verfolgen die Groß- und Regionalmächte im Krieg gegen den Terror vor allem geopolitischen Interessen. Quelle: Welt kompakt

Von Hans Klumbies