Alain Badiou tritt für eine Politik der Wahrheit ein

Alain Badiou ist überzeugter Kommunist und schreibt von der „Demokratie“ nur in Anführungszeichen, da sie für ihn eine Oligarchie der undurchsichtigen Finanzleute, der aalglatten Berufspolitiker und der angepassten Fernsehmoderatoren sei. Eigentlich sind für den Philosophen Alain Badiou alle Staatsformen konservativ, denn sie dienen der Erhaltung der alles dominierenden Staatsmacht, was für grausame Despotien nicht anders gilt als für Demokratien. Der Wechsel zwischen Regierung und Opposition sowie zwischen links und rechts verleiht laut Alain Badiou der Demokratie nur mehr Geschmeidigkeit. Die Demokratie passt passt deshalb seiner Meinung nach besser zum liberalen Kapitalismus als jede andere Staatsform und sichert seinen Erhalt.

Die Demokratie sichert den liberalen Kapitalismus

Die zweite Bedeutung der Demokratie ist etymologisch: Das Volk entscheidet über die Fragen, die es betreffen, was in einer Klassengesellschaft nicht vorkommt. Debatten über Reform oder Revolution sind für den Philosophen nicht mehr von Belang. Er sieht in den rechten Parteien die Reformer von Heute. Zu den Linksparteien sagt Alain Badiou: „Die Linke dagegen ist konservativ, weil ihr nichts besseres einfällt, als an dem festzuhalten, was in den siebziger Jahren errungen wurde.“

Für Alain Badiou befindet sich die Menschheit in einer Phase der emanzipatorischen Politik. Die revolutionären Bewegungen des 19. und des 20. Jahrhunderts sind untergegangen. Deshalb muss man Emanzipation von vorn wieder herstellen. Der Philosoph klagt: „Das Kapital ist an der Macht, die Probleme der Gesellschaften eskalieren, aber es ist keine Bewegung mit umwälzender Tendenz in Sicht.

Das gute und wahre Leben ist die Existenz in der Weisheit

Alain Badiou betrachtet das demokratische Leben als ein Dasein ohne Idee. Das kann allerdings ein sehr angenehmes und genießerisches Leben sein. Aber ein Philosoph muss sich die Frage stellen, ob ein Leben nahe der Wahrheit möglich ist, ein Leben in der Idee. Das gute und wahre Leben ist für Alain Badiou die Existenz in der Weisheit. Er versteht sich als Erbe der Tradition, philosophisch ein wahres Leben zu suchen.

Alain Badiou setzt gegen die Formel des demokratischen Materialismus eine erweiterte der materiellen Dialektik, indem er behauptet: „Es gibt nichts außer Körpern und Sprachen, es sei denn, es treten Wahrheiten auf. In der Politik, in der Wissenschaft, der Kunst und der Liebe.“ In diesen Bereichen gibt es für den Philosophen Fortschritte, aber ein Gesetz des Fortschritts gibt es nicht.

Kurzbiographie: Alain Badiou

Der französische Philosoph ist 1937 geboren und gehört heute zu den international einflussreichsten Denkern Frankreichs. Die konservative Tageszeitung Le Figaro nannte Alain Badiou einst den Wortführer der linken Revolte. Gegen den postmodernen Relativismus verteidigt der Philosoph ein Denken, das Wahrheit nicht dekonstruieren, sondern politisieren will.

Der in Paris lebende Alain Badiou versteht sich selbst zugleich als Materialist und als Platoniker. Seiner Meinung nach existieren zeitlose Wahrheiten wie beispielsweise Gerechtigkeit, die sich in geschichtlichen Ereignissen zeigen. Zu seinen Hauptwerken zählen „Das Sein und das Ereignis“ und „Logiken der Welten“. Beide Bücher sind im diaphanes Verlag erschienen.

Von Hans Klumbies