Die soziale Ungleichheit nimmt weiter zu

Lohndumping ist einer der Faktoren für die steigende Ungleichheit in Deutschland und bedeutet im Grunde nichts anderes, als dass die Früchte der Produktion immer mehr jenen zugutekommen, die Karl Marx Kapitalisten nannte, und immer weniger jenen, die er als Proletariat bezeichnete und die man heute Prekariat nennt. Thomas Seifert erklärt: „Diese Entwicklung beschleunigt die Dynamik der privaten Kapitalakkumulation, die zwangsläufig zu einer immer stärkeren Konzentration von Reichtum und Macht in den Händen weniger führt, wie Marx im 19. Jahrhundert annahm.“ Thomas Piketty schreibt in seinem Bestseller „Das Kapital im 21. Jahrhundert“: „Durch die Fortschritte und die Ausbreitung des Wissens konnte die marxistische apokalyptische Vision zwar vermieden werden, aber dadurch hat sich an den Tiefenstrukturen des Kapitals und den Ungleichheiten nichts geändert.“ Thomas Seifert ist stellvertretender Chefredakteur und Leiter der Außenpolitik bei der Wiener Zeitung.

Es sind „winner-takes-all“-Märkte entstanden

Wenn die Rendite des Kapitals dauerhaft höher ist als die Wachstumsrate von Produktion und Einkommen, erzeugt der Kapitalismus automatisch inakzeptable und willkürliche Ungleichheiten, die das Leistungsprinzip, auf dem demokratische Gesellschaften basieren, radikal infrage stellen. Die niedrigen und mittleren Einkommensschichten in den Hochlohn-Ländern sind großen Verlieren der vergangenen drei Jahrzehnte. Globalisierung, Technologie und das Internet haben dazu beigetragen, dass „winner-takes-all“-Märkte entstanden sind.

In diesen Märkten können die erfolgreichsten und produktivsten Markteilnehmer den Löwenanteil am Einkommen einstreichen. Zudem hat die Technologie die Nachfrage nach exzellent ausgebildeten Arbeitern erhöht und die Nachfrage nach weniger gut ausgebildeten, deren Arbeit auch von Maschinen erledigt werden kann, gedämpft. Zudem wurden die Gewerkschaften in Europa und den USA in den vergangen Jahren massiv geschwächt. In vielen Unternehmen ist die Schere zwischen den einfachen Arbeitern und dem Management dramatisch auseinandergeklafft.

Europa und die USA brauchen höhere Vermögenssteuern

Thomas Seifert kritisiert: „Immer freiere Märkte haben zwar mehr Wohlstand gebracht, sind aber an der gerechten Verteilung dieses Wohlstands gescheitert.“ Die Einkommen der Reichen fließen auch im Verhältnis viel weniger in den Konsum als bei den weniger Begüterten – und sind damit vergleichsweise weniger wachstumsfördernd. Das ist kein Wunder, denn die Reichen haben ja bereits jeden erdenklichen Luxus. Daher sind Vermögenssteuern wohl die einzige Lösung für Europa und die USA.

Thomas Seifert nennt Zahlen: „In Deutschland besitzt das reichste Prozent, also das reichste Hundertstel, bereits 35,8 Prozent des Gesamtvermögens.“ In der Wirtschaftskrise haben die Staaten die Wirtschaft vor dem Zusammenbruch bewahrt und somit vor allem die Vermögen der Reichen gerettet und sich dabei Hals über Kopf verschuldet. Die Staaten müssen sich das Geld nun wiederum von den Vermögenden borgen, die die meisten Staatsanleihen besitzen und nun auch noch Zinsen dafür bekommen. Quelle: „Die pazifische Epoche“ von Thomas Seifert

Von Hans Klumbies

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