Markus Gabriel verteidigt die geistige Freiheit

Markus Gabriel zählt zu den Verteidigern des Begriffs „geistiger Freiheit“. Zu diesem gehört, dass Menschen sich täuschen und irrational sein können. Zu dem gehört aber auch, dass Menschen imstande sind, herauszufinden, was der Fall ist. In der Philosophie ist es wie in jeder anderen Wissenschaft auch: Wissenschaftler formulieren Theorien, geben Gründe für diese, berufen sich auf Tatsachen, die man erkennen und in einem bestimmten Licht verstehen sollte und so weiter. Markus Gabriel erklärt: „Eine Theorie besteht aus Überlegungen, die wahr oder falsch sein können. Infallibel ist niemand, auch und vor allem nicht auf dem Gebiet der Selbsterkenntnis. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

Menschen denken über sich selbst nach

Markus Gabriel vertritt die Idee, dass der Begriff des Geistes mit dem Begriff der Freiheit einhergeht, wie er auch im politischen Rahmen gebraucht wird. Freiheit ist nicht nur ein sehr abstrakter Wert, den Menschen verteidigen, ohne manchmal so richtig zu wissen, was sie damit eigentlich meinen. Es ist nicht nur die marktwirtschaftlich garantierte Freiheit, als Konsumenten zwischen verschiedenen angebotenen Produkten zu wählen. Letztlich liegt die menschliche Freiheit darin begründet, dass Menschen geistige Lebewesen sind.

Menschen können schlichtweg nicht vollständig verstanden werden, wenn man versucht, das Menschenbild nach dem Modell der Naturwissenschaften zu verwissenschaftlichen. Dass Menschen über sich selbst nachdenken, ist ein Teil ihrer Lebensform. Markus Gabriel erläutert: „Wir sind uns nicht nur vieler Dinge in unserer Umwelt bewusst und wir haben nicht nur bewusste Eindrücke und Erlebnisse, sondern wir haben eben auch Bewusstsein von Bewusstsein. Die Philosophen nennen das Selbstbewusstsein, was nicht identisch mit Selbstbewusstsein im Sinne von Selbstvertrauen ist.

Markus Gabriel entwickelt die Idee des „Neo-Existentialismus“

Der Begriff der „geistigen Freiheit“, die Markus Gabriel entwickelt, knüpft an den von Jean-Paul Sartre (1905 – 1980) so genannten „Existenzialismus“ an. Jean-Paul Sartre hat in seinen philosophischen und literarischen Werken ein Bild der Freiheit gezeichnet, dessen Ursprünge in der Antike liegen und dessen Spuren in der französischen Aufklärung, bei Immanuel Kant, dem Deutschen Idealismus, Karl Marx, Søren Kierkegaard, Friedrich Nietzsche, Sigmund Freud und weit darüber hinaus zu finden sind.

Markus Gabriel nennt diese Namen als Repräsentanten einer ihnen gemeinsamen Idee, die er „Neo-Existentialismus“ nennt. Der Neo-Existentialismus behauptet, dass der Mensch insofern frei ist, als er sich ein Bild von sich selber machen muss, um überhaupt erst jemand zu sein. Menschen entwerfen Selbstporträts von sich, wer sie sind, sein wollen und sein sollen und orientieren sich an diesen in der Form von Normen, Werten, Gesetzen, Institutionen und Regeln verschiedener Art. Menschen müssen sich selber deuten, um überhaupt eine Vorstellung davon zu haben, was sie tun sollen. Quelle: „Ich ist nicht Gehirn“ von Markus Gabriel

Von Hans Klumbies