So wie das Internet jetzt ist, versagt es. Die digitale Revolution hat laut Andrew Keen alles verändert. Seiner Meinung nach wird es nie wieder eine Zeit geben, in der die Menschen offline leben. Aber es wird die Zeit kommen, in der man sich nach einem Leben ohne Internet zurücksehnt. Mit „Internet“ meint Andrew Keen übrigens nicht Kabel, Geräte und Datenmengen, sondern die vernetzte Gesellschaft. Jeder ist davon betroffen, wobei sich die Entwicklung noch in einem Anfangsstadium befindet. Für Andrew Keen gibt es momentan drei Hauptprobleme. Erstens verschärft die digitale Revolution Ungleichheiten. Der Politikwissenschaftler Andrew Keen hält weltweit Vorträge und schreibt Bücher wie „Die Stunde der Stümper“ oder aktuell „Das Digitale Debakel“ (DVA). In der grenzenlosen Macht, im „Libertarismus“ sieht Andrew Keen eine Gefahr für die Freiheit und die Menschenwürde.
Die Internetökonomie schafft erst mal nichts Neues
Zum ersten Hauptproblem zählt auch die Tatsache, dass die Mittelschichten sich auflösen und die Gewinner alles an sich reißen. Andrew Keen erklärt: „Und die Gewinner sind die jungen, weißen Männer, die im Silicon Valley sitzen, Milliarden verdienen und sich die Hände reiben.“ Die zweite große Gefahr ist die Datenökonomie, die auf kostenlosen Inhalten beruht. Denn der Kunde bezahlt die Leistungen der Konzerne vor allem mit seinen Daten. Aber wenn die Menschen so denken, dann verwandeln sie sich von einem selbstbestimmten Konsumenten einfach zu einem Produkt.
Firmen wie Google und Facebook verkaufen die Daten ihrer User im Netz. Was das bedeutet, lässt sich laut Andrew Keen noch gar nicht absehen. Das dritte Problem besteht darin, dass das Internet alte Berufe zerstört, ohne neue zu schaffen. Andrew Keen erläutert: „Die Internetökonomie schafft erst mal nichts Neues. Sie zerstört nur.“ Die digitale Revolution vernichtet zudem die alte Welt der Kreativen. Und es gibt noch kein valides Geschäftsmodell für die neue Welt. Auch auf Twitter ist Andrew Kenn überhaupt nicht gut zu sprechen.
Facebook ist die gruseligste aller Firmen im Netz
Diesen permanenten Schwall an 140-Zeichen-Nachrichten betrachtet Andrew Keen als pure Zeitverschwendung. Praktisch ist Twitter seiner Meinung nach, wie das gesamte Netz, ein Schauplatz von Mobbing und Hetzkampagnen, regelrechter Onlinepogrome, durch die Menschen und Gruppen aus einer Gemeinschaft gedrängt werden. Daraus zieht Andrew Keen folgenden Schluss: „Die Gemeinschaft im Netz ist reine Einbildung. Die sogenannten sozialen Netzwerke sind absolut asozial.“ Facebook ist für Andrew Keen die gruseligste aller Firmen im Netz.
Bei Facebook pflegt man eine Sprache, die Transparenz glorifiziert, dabei geht es nur um den größtmöglichen Profit. Andrew Keen kritisiert: „Dort spielen sie mit ihren Nutzern, verscherbeln Daten, ändern permanent ihre ohnehin unverständlichen Regeln und manipulieren Algorithmen, nach denen sie Informationen verbreiten oder zurückhalten.“ Das Internet insgesamt verspricht Freiheit, Gemeinschaft, Demokratie und Gleichheit. Nichts davon ist laut Andrew Keen eingelöst worden. Demokratie und Internet sind seiner Meinung nach ein Widerspruch an sich. Quelle: Süddeutsche Zeitung
Von Hans Klumbies