Für Belohnungen ist jeder empfänglich

Viele Menschen haben sich daran gewöhnt, dass die Energie für ihr Handeln von außen kommt. Sie sind daher damit vertraut, sich fremdsteuern zu lassen. Und es scheint ja auch zu funktionieren. Sporttrainer sind Motivationskünstler, Lehrer motivieren Schüler und Chefs ihre Mitarbeiter. Prämien gibt es für besonderen beruflichen Einsatz. Reinhard K. Sprenger ergänzt: „Der Staat lockt mit Steuervorteilen und erhöhtem Kindergeld junge Paare in die Elternschaft. Und die Ehefrauen der besten Verkäufer erhalten einen Pelzmantel, damit sie ihren Gatten morgens aus dem Haus jagen.“ Bringt der Ehemann nicht die gewünschte Leistung, bleibt die Belohnung als Lockmittel: „Das wäre Ihr Preis gewesen … vielleicht das nächste Mal …“ Für Belohnungen ist jeder empfänglich. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

In der Erziehung reagiert das Prinzip der „positiven Verstärkung“

Lob und Komplimente hört auch jeder gern. In der Erziehung gilt das Prinzip der „positive Verstärkung“. So geben beispielsweise viele Eltern ihren Kindern Geld für gute Noten. Rabatte hier, Bonuszahlungen dort. Wettbewerbe und Ranglisten sollen anspornen. Preisausschreiben locken mit attraktiven Gewinnen. Aus dem sozialistischen „Helden der Arbeit“ ist der kapitalistische „Mitarbeiter des Monats“ geworden. Autofahrern schenkt der Staat Geld, wen sie einen Diesel fahren.

Ehepaare bleiben formal zusammen, weil der Steuervorteil sie aneinander kettet. Und die Kirchen versprechen den Menschen einen Platz auf der himmlischen Ehrentribüne, wenn sie auf Erden artig sind. In der Ehe und Partnerschaft ist es nicht anders. Nur funktioniert die Mechanik dort nicht unter der Rubrik „Motivierung“ oder „Erziehung“, sondern unter „Liebe“. Liebesversprechen und Liebesentzug sind die subtilen Steuerungsinstrumente, mit denen die Partner wechselseitig versuchen, den anderen den eigenen Ansprüchen anzupassen.

Anreize bewegen zu gewünschtem Verhalten

Es ist für Reinhard K. Sprenger unbestreitbar, dass man Menschen über irgendwelche Anreize zu einem erwünschten Handeln „bewegen“ kann. Legionen von Forschern stellen die zentrale Frage der Motivierung: „Wie schaffe ich es, dass der andere tut, was ich will?“ Die zigtausend Antworten lassen sich auf sechs Worte reduzieren: „Tu dies, dann bekommst du das.“ Nach diesem Muster funktioniert das System der Motivierung, das das gesamten Zusammenleben, das Erziehungssystem und das Wirtschaftsleben bis ins Mark durchdringt.

Es überwuchert das Leben als allgegenwärtiger Konformitätsdruck und bevormundender steuerstaatlicher Eingriff in die Privatheit. Es ist das Denk- und Steuerungsmodell der Gesellschaft überhaupt. Auf der Negativseite ist Bestrafen die Hauptstrategie, um einen fremden Willen gefügig zu machen: „Wenn du dich nicht so verhältst, wie ich es möchte, kriegst du Ärger!“ Die Wirksamkeit dieser Strategie hängt davon ab, ob Strafen zur Verfügung stehen, die so viel Gewicht besitzen, dass die Betroffenen es vorziehen, das gewünschte Verhalten zu zeigen. Quelle: „Die Entscheidung liegt bei dir!“ von Reinhard K. Sprenger

Von Hans Klumbies