Nur der Mensch kann sein Unterbewusstsein überlisten

John Bargh entschlüsselt in seinem neuen Buch „Vor dem Denken“ das Unbewusste. Er zeigt, dass die Gefühle, das Denken und das Handeln eines Menschen durch verborgene mentale Prozesse gesteuert werden. Und dies geschieht in einem weit größeren Maß, als die Forschung bislang vermutet hat. So steuern beispielsweise Prägungen aus der Vergangenheit, das gegenwärtige Bauchgefühl und Ziele für die Zukunft das tägliche menschliche Verhalten, bevor das Denken überhaupt einsetzt. Das Überleben zu sichern, ist dabei das vorrangige Ziel. Dem freien Willen des Menschen sind damit enge Grenzen gesetzt. Doch John Bargh verrät, wie man ungewollte Handlungsmuster vermeidet und das Unbewusste überlisten kann. Prof. Dr. John Bargh ist Professor für Psychologie an der Yale University, wo er das Automaticity in Cognition, Motivation, and Evaluation (ACME) Laboratory leitet.

Die Vergangenheit prägt die gegenwärtigen Gedanken und Handlungen

Die übergreifende Prämisse des Buchs „Vor dem Denken“ lautet, dass der Geist – wie laut Albert Einstein das ganze Universum – gleichzeitig in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft existiert. John Bargh schreibt: „Unsere bewusste Erfahrung ist die Summe dieser drei Aspekt, da sie im Gehirn miteinander interagieren.“ Menschen können in jedem Augenblick auf das riesige Archiv ihrer gespeicherten Erinnerungen zurückgreifen, die zum Teil außerordentlich lebhaft sind. Und wer sich die Zeit nimmt, nachzudenken, kann sehen, dass die Vergangenheit die gegenwärtigen Gedanken und Handlungen prägt.

Viele Menschen trauen ihren Eingebungen und Ahnungen mehr als ihren sorgfältigen Überlegungen. Warum ist das so? John Bargh erläutert: „Prinzipiell aus demselben Grund, aus dem wir unseren Sinnen trauen, die uns mühelos und auf natürliche Weise zu Bewusstsein kommen, ohne dass wir versuchen sie zu ergründen oder auf sie Mühe verwenden, scheinen wahr und einfach da zu sein.“ Je anstrengungsloser ein bestimmter Gedanke auftaucht, ohne dass man versucht hat, ihn herbeizuführen, desto höher schätzt man seinen Wert und desto weniger bezweifelt man seine Wahrheit.

Durch Selbsterkenntnis kann sich ein Mensch weiterentwickeln

Da die Ziele und Antriebe eines Menschen auf erwünschte künftige Zustände ausgerichtet sind, liegt ihr Einflussbereich in der verborgenen Sphäre des Geistes. Was, wer oder wo man in der näheren oder ferneren Zukunft sein wollen, prägt das Denken, die Empfindungen und Handlungen in der Gegenwart. Zudem übt es einen starken Einfluss auf die augenblicklichen Vorlieben und Abneigungen aus. Man wird zu dem, wonach man strebt, ganz gleich ob man dieses Ziel nun bewusst verfolgt oder nicht.

Das Buch „Vor dem Denken“ soll all jenen Menschen von Nutzen sein, die wissen möchten, inwiefern eine bessere Kenntnis mentaler Vorgänge zur besseren Selbsterkenntnis beitragen und ihnen dadurch helfen kann, sich selbst weiterzuentwickeln. Warum sollte man sich weiterentwickeln wollen? Für John Bargh liegt die Antwort auf der Hand: „Um glücklicher, gesünder und erfolgreicher zu werden.“ Nur wer sich weiterentwickelt, hat zudem die Chance, auch die Gemeinschaft und im weiteren Sinne die Welt voranzubringen.

Vor dem Denken
Wie das Unbewusste uns steuert
John Bargh
Verlag: Droemer
Gebundene Ausgabe: 463 Seiten, Auflage: 2018
ISBN: 978-3-426-27661-7, 24,99 Euro

Von Hans Klumbies

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