Tim Jackson fordert ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell

Tim Jackson glaubt, dass auch für ein neues nachhaltiges Wirtschaftssystem die Arbeit von zentraler Bedeutung sein wird. Denn bezahlte Arbeit trägt erstens ganz offensichtlich zum Lebensunterhalt der Menschen bei und ermöglicht ihnen zweitens am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Tim Jackson schreibt: „Durch Arbeit schaffen wir die gesellschaftliche Welt immer neu und finden einen glaubwürdigen Platz darin.“ Der Professor für Nachhaltige Entwicklung am Zentrum für Umweltstrategien der Universität Surrey vertritt zudem die These, dass sich die Wirtschaft innerhalb bestimmter ökologischer Grenzen bewegen muss. Diese Grenzen werden teilweise durch die Ökologie der Erde gesetzt, teilweise durch das Wachstum der Weltbevölkerung. Tim Jackson erklärt: „Beide Faktoren zusammen bestimmen, wie viele Ressourcen, wie viel Umweltraum zur Verfügung stehen. Innerhalb jeder Ökonomie bildet dies die Grenze für nachhaltiges Wirtschaften.“

Die drei operativen Grundsätze eines nachhaltigen Wirtschaftsmodells

Solche Grenzen müssen laut Tim Jackson unmittelbar in die Organisation und die Arbeitsprinzipien einer Volkswirtschaft eingearbeitet sein. Er fordert: „Ökosystem-Dienstleistungen zu ermitteln und zu bewerten, die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung „grün“ umzustrukturieren, eine ökologisch begrenzte Produktionsfunktion zu finden – all das wird höchstwahrscheinlich für die Entwicklung eines nachhaltigen Wirtschaftsmodells unabdingbar sein.“ Eine solche Wirtschaft hat zuallererst drei klare operative Grundsätze zu erfüllen. Erstens: Positiver Beitrag zum Gedeihen. Zweitens: Angemessenen Lebensunterhalt bereitstellen. Drittens: Niedriger Material- und Energieverbrauch.

In einem nachhaltigen Wirtschaftssystem geht es laut Tim Jackson auch um die Form und Organisation der Versorgungssysteme. Er erklärt: „Die Wirtschaft muss so organisiert sein, dass sie Hand in Hand mit der Gemeinschaft und für das langfristige Gemeinwohl arbeitet, nicht dagegen.“ Die Industrie wird bei einem nachhaltigen Wirtschaften verstärkt darauf achten müssen, dass ihre Produkte von langer Lebensdauer sind und sich im Notfall leicht reparieren lassen. Über die Bauwirtschaft schreibt Tim Jackson folgendes: „Das Bauwesen muss sich darauf konzentrieren, Gebäude zu sanieren und neue nachhaltige und einfach zu reparierende Infrastrukturen aufzubauen.“

Eine nachhaltige Wirtschaft braucht ökologische Investmentstrategien

Tim Jackson ist auch fest davon überzeugt, dass die Landwirtschaft der Zukunft verstärkt auf den Schutz der Böden und das Wohl des Viehs Rücksicht nehmen muss. Der Finanzsektor wird sich in einem nachhaltigen Wirtschaftssystem weniger auf eine Expansion der Geldmenge als auf vernünftige, langfristige und stabile Investitionen stützen müssen. Tim Jackson schreibt: „Das neue Wirtschaftsmodell ist weiterhin dringend auf Investitionen angewiesen, ihr Charakter jedoch wird sich ändern. Investitionen werden sich weg von ihrer herkömmlichen Rolle als Anreiz für Produktivitätswachstum hin zu ökologischer Transformation entwickeln.“

Es muss laut Tim Jackson in erhöhte Energie- und Ressourceneffizienz investiert und Geld für erneuerbare und kohlenstoffarme Technologien zur Verfügung gestellt werden. Ökologisches Investment verlangt seiner Meinung nach eine neue „Investitionsökologie“. Tim Jackson schreibt: „Die Kapitalproduktivität wird wahrscheinlich sinken. Die Renditen werden geringer sein und erst über längere Zeiträume hin anfallen.“ Er gibt zu, dass dies in einer Volkswirtschaft, in der sich alles nur um das Wirtschaftswachstum dreht, große Probleme verursachen könnte. In einer auf das Gedeihen ausgerichteten Wirtschaft kann dies allerdings völlig belanglos sein.

Von Hans Klumbies