Mohamed El-Erian fordert von der EU mehr Initiative

Laut Mohamed El-Erian, dem Chef des weltgrößten Anleihe-Investors Pimco, gibt es für Europa zwei Wege, sich in einer neuen Form zu repräsentieren. Erstens kann sich der Kontinent geschlagen geben und in seine Teile zerfallen. Das ist für den promovierten Ökonomen allerdings die unwahrscheinlichere Variante. Zweitens kann die Eurozone stärker und zukunftsfähiger werden, aber auch kleiner sein. Mohamed El-Erian sagt: „Dorthin scheint es derzeit zu gehen, denn wir sehen immer mehr eine klare Unterscheidung zwischen Italien und Spanien auf der einen Seite und Griechenland und Portugal auf der anderen.“ Mohamed El-Erian leitet die Fondsgesellschaft Pimco vom kalifornischen Newport Beach aus. Der Anleihe-Investor verwaltet über 1,3 Billionen Dollar. Einen großen Teil des Geldes hat das Unternehmen in Staatsanleihen investiert.

Portugal könnte sich zu einem zweiten Griechenland entwickeln

Mohamed El-Erian glaubt, dass sich Portugal zu einem zweiten Griechenland entwickeln könnte, da sich das erste Rettungspaket als unzureichend erweisen wird. Mohamed El-Erian erklärt: „Portugal wird seine europäischen Nachbarn und den IWF erneut um Geld bitten.“ Daraufhin wird es eine große Debatte über die Lastenverteilung der Transferzahlungen zwischen der Europäischen Union (EU), dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) geben. Danach wird wieder Nervosität an den Finanzmärkten ausbrechen, weil sie sich um die Beteiligung des Privatsektors Sorgen machen.

Laut Mohamed El-Erian dürfen Hilfen vom Internationalen Währungsfonds nicht einfach als Ersatz für wirkliche Lösungen genutzt werden. Europa hat seiner Meinung nach anscheinend einige der Grundregeln der IWF aus den Augen verloren. Mohamed El-Erian erläutert: „Zum Beispiel, dass es Finanzspritzen nur bei gleichzeitigen Reformen gibt. Im Falle von Griechenland gab es Finanzhilfen statt Reformen. Das heißt, das Geld wurde verschwendet. Zweitens hat der IWF schon zu viele Ausnahmen für Europa gemacht.“

Italien und Spanien werden die Finanzkrise bewältigen

Mit diesen Maßnahmen wurde die Institution IWF untergraben, die eigentlich auch für den Rest der Welt benötigt wird. Auch die Rolle der Europäischen Zentralbank in der Schuldenkrise verfolgt Mohamed El-Erian ganz genau. Zentralbanken sind für ihn unpolitische Elemente und leben deshalb von ihrer Glaubwürdigkeit. Mohamed El-Erian sagt: „Ich bin sehr besorgt, dass diese Glaubwürdigkeit in Gefahr ist. Zentralbanken können nur eine Brücke sein zu anderen staatlichen Institutionen, die die eigentliche Arbeit leisten.“

Italien und Spanien sieht Mohamed El-Erian auf einem guten Weg bei der Entschuldung. Hinter Griechenland steht für ihn allerdings ein riesiges Fragezeichen. Er geht davon aus, dass das griechische Paket schnell auseinander fallen wird. Doch es gibt durchaus Lösungen, wenn die Europäische Union endlich die Initiative ergreifen würde, wäre sie schnell über dem Berg. Er nennt den Grund: „Sehr viel Geld wartet am Spielfeldrand darauf, was passiert. Sehr viel Geld! Da draußen sitzen Unternehmen auf Tonnen von Bargeld bei fast null Prozent Zinsen.“

Von Hans Klumbies