Die Wirtschaftsgeschichte ist gespickt mit Geschichten von mächtigen großen Unternehmen, die über kleine Firmen stolperten, die sie lange nicht wahrgenommen haben. Zum Beispiel wurde der finnische Handyhersteller Nokia im November des vergangenen Jahres zum großen Teil an Microsoft verkauft. Dies geschah im letzten Moment, aus blanker Not. Nokia hatte zuvor den globalen Handymarkt fest im Griff. Nur leider haben sie übersehen, dass ein Computerbauer ihnen ins Geschäft funkte. Apple erfand das Smartphone, mit dem die Menschen weniger telefonieren als surfen. Der Abstieg vom Weltkonzern zum Pleitekandidaten dauerte nicht einmal fünf Jahre. Auch Microsoft war ein Fast-Monopolist mit der faktischen Lizenz zum Gelddrucken. Das Unternehmen aus Seattle dominierte 20 Jahre lang den weltweiten Markt für PC-Software. Längst haben aber Konkurrenten das Geschäft von Microsoft angenagt.
Der Börsenwert von Google beträgt 350 Milliarden Dollar
Microsoft muss sparen und rund 14 Prozent der Belegschaft entlassen. Selbst die Wall Street ist nicht mehr sicher. Die New Yorker Börse sieht aus wie ein Überbleibsel aus alten Tagen. Sie wickelt nur noch ein paar Prozent des Aktienhandels in den Vereinigten Staaten von Amerika ab. Computer haben die Händler einfach abgelöst. Das Internet bringt scheinbar besonders bedrohliche Unternehmen hervor. Diese Aufsteiger sind so schnell gewachsen, wie es bisher undenkbar erschien. Google ist heute das Synonym für die digitale Moderne.
Google entwickelte sich in nur 16 Jahren zu einem Unternehmensgiganten, der 2013 rund 60 Milliarden Dollar Umsatz und sagenhafte 13 Milliarden Dollar Gewinn machte. Der Börsenwert von Google beträgt rund 350 Milliarden Dollar. Ein solcher Aufstieg weckt bei manchen Menschen Ängste. Inzwischen will Google sogar der Autoindustrie das Fürchten lernen. Kein Konzern auf der Welt ist dem selbstfahrenden Auto näher als Google. Das Unternehmen gilt aber auch als Abrissbirne für den Datenschutz wie das Urheberrecht und wird in Europa wegen der Zusammenarbeit mit Geheimdiensten gefürchtet.
Das Internet ist kein guter Platz für Monopole
Auch der Internethändler Amazon hat den Status eines Dämons erreicht. Der von Jeff Bezoz im Jahr 1994 gegründete Buchversender gilt als ruchloser Vertreter des Unrechts. Amazon zieht den Zorn von Schriftstellern in den USA und Europa auf sich, weil er mit ihrer Marktmacht den klassischen Buchhandel in die Knie zwingt, weil er Verlage mit brachialen Forderungen von Rabatten unter Drucks setzt und mit seinen brutalen Geschäftspraktiken die gesamte Buchkultur ruiniert. Schuld an der ganzen Aufregung ist das Internet, das angeblich die Gesetze der Marktwirtschaft aushebelt.
Manche Menschen nehmen an, dass das Internet die Arbeit abschafft und die Kultur mit seiner Profitgier ruiniert. Soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter haben in wenigen Jahren erdrückende Marktanteile bei den Nutzern und an den Börsen erstaunliche Milliardenwerte erzielt. Wenn eine Welt in der Lage ist, in kürzester Zeit Unternehmen mit monopolähnlicher Macht zu erzeugen, dann ist es offenbar die Welt des Internets. Doch diese Annahme ist falsch. Das World Wide Web ist kein guter Platz für Monopole. Deshalb gibt es den verbreiteten Drang, möglichst schnell zum Marktbeherrscher zu werden. Quelle: Süddeutsche Zeitung
Von Hans Klumbies