Beständigkeit ist nur selten ein Charakteristikum von Klima

Auf der einen Seite lieben die Menschen ihr Klima, auf der anderen Seite fürchten sie es auch. Manche bewundern auch seine Macht, um in sich starke Gefühle wachzurufen. Andere wiederum jammern über seine Unberechenbarkeit oder ängstigen sich vor seinem Verhalten in der Zukunft. Viele Menschen erwarten, dass das jeweilige Klima etwas für sie leistet, ihnen das Wetter bietet, bei dem sie arbeiten und etwas erschaffen, in dem sie sich entspannen und erholen können. Mike Hulme fügt hinzu: „Doch wir wissen auch, dass Klima launisch ist, mit einem eigenen Willen. Es bietet uns nicht nur Tage der Gelassenheit und Ruhe, sondern auch Stürme und Gefahren, denen schon unsere Vorfahren über unzählige Jahrhunderte hinweg entgegentraten und die uns auch heute noch plagen.“ Seit September 2013 ist Mike Hulme Professor für Geographie am King`s College in London.

Klimastabilität sorgt für die Dauerhaftigkeit von Kulturen

Die klimatischen Bedingungen bieten allen Kulturen der Menschheit materielle Vorteile: Regen, Wind, Sonne und Wärme schenken dem Land Wasser, Energie und Nahrung und treiben Maschinen an. Zugleich ist manchen Menschen das jeweilige Klima eine Quelle ästhetischer und spiritueller Vorstellungen. Durch Wolken und Sonnenuntergänge kann zum Beispiel die Poesie angeregt werden. Um bestimmte Jahreszeiten herum entwickeln die Menschen Rituale und Feste. Diese Vorteile ist allerdings oft zerbrechlich und die daraus erwachsende Unsicherheit ist eine mächtige Antriebskraft für den menschlichen Einfallsreichtum.

Mike Hulme erklärt: „Neue Technologien, Praktiken und Systeme werden geschaffen, um die Gesellschaft widerstandsfähiger gegenüber einem unberechenbaren Klima zu machen; Beständigkeit ist tatsächlich nur selten ein Charakteristikum von Klima.“ Seine Wechselhaftigkeit wurde sogar als Erklärung für den Niedergang von Zivilisationen herangezogen. Dagegen zählt die Klimastabilität zu den Grundbedingungen für die Dauerhaftigkeit menschlicher Kulturen. Die Vorstellung, dass Klimaveränderungen für den Zusammenbruch ganzer Zivilisationen verantwortlich sind, ist allerdings in sich selbst nicht stabil.

Den Menschen steht eine große Bandbreite an Klimazonen offen

Es mag begünstigende und gute Klimata geben und auch gefährliche und schlechte, doch nur in dem Sinne, dass ein Klima diese moralischen Kategorien durch die Beurteilung der Menschen erhält. Das sind in der Regel Urteile, die der Bequemlichkeit und zur Verfügung stehender Ressourcen entsprechen. Die Menschen bewerten das Klima nicht gegenüber einer festen oder universalen Moral. Jedes Klima ist schwierig und mit Gefahren verbunden, dennoch sind alle Klimata fruchtbar und regen die menschliche Kreativität an.

Auf der Erde existieren nur wenige Klimata, unter denen Menschen noch nicht gelebt oder überlebt haben. Den Menschen steht eine sehr große Bandbreite an Klimazonen offen. Die Menschen können das Klima nicht direkt mit ihren Sinnen erfahren. Mike Hulme erläutert: „Im Gegensatz zum Wind, den wir auf unserem Gesicht spüren oder dem Regentropfen, der unser Haar benetzt, ist Klima eine konstruierte Idee. Diese Vorstellung nimmt unsere sensorischen Wahrnehmungen auf und baut sie zu etwas Abstraktem zusammen.“

Von Hans Klumbies