Dem Nein entspringt die Macht über das eigene Leben, die Chancen zur Gestaltungsfreiheit. Jedes Nein trägt in sich eine Dualität aus Ermächtigung und Abgrenzung. Dabei sind Macht und Grenzen nichts Schlechtes, sondern ein wesentlicher Bestandteil des Lebens: Jeder lebendige Organismus benötigt Grenzen, um sich selbst zu schützen. Anja Förster und Peter Kreuz fügen hinzu: „Um zu überleben und zu gedeihen, muss jeder Menschen und jede Organisation in der Lage sein, Nein zu sagen zu allem, was Sicherheit, Würde und Integrität bedroht.“ Nein ist der Schlüsselbegriff zu Identität, Ordnung, Struktur und Disziplin. Regeln und Gesetze werden häufig in Form eines Nein formuliert. Zum Beispiel: „Du sollst nicht töten!“ Anja Förster und Peter Kreuz nehmen als Managementvordenker in Deutschland eine Schlüsselrolle ein.
Ein Nein zieht eine individuelle Grenze
Das Nein vermittelt Klarheit und Genauigkeit und sein Nutzen geht weit über Schutz und Disziplin hinaus. Nein sagen ist ein wesentlicher Bestandteil der lebenslangen Weiterentwicklung eines jeden Menschen. Nein ist das Schlüsselwort für die Definition der eigenen Identität. Wer nicht Nein sagt, gibt seine Identität zur allgemeinen Interpretation frei, denn das Selbst wird durch das definiert, wozu man Nein sagt. Und das Nein ermöglicht einem Menschen, eine individuelle Grenze zu ziehen zwischen den Interessen anderer und seinen eigenen Wünschen.
Diese Grenze geschickt und angemessen zu setzen, ist laut Anja Förster und Peter Kreuz heute enorm wichtig geworden. Wer sein Nein nicht kennt und es anderen überlässt, Entscheidungen für ihn zu treffen, muss sich nicht wundern, wenn am Ende nichts mehr übrig bleibt, woran er sich halten kann. Es ist also von größter Bedeutung, gut im Neinsagen zu sein. Auch jede Organisation, jede zweckorientierte Ansammlung von Menschen wird nur dadurch stark und unterscheidbar, dass sie Grenzen setzt.
Ängstliche Menschen wollen sich alle Optionen offenhalten
Unternehmen, die durch Abgrenzung eine starke und attraktive Kultur ausstrahlen, ziehen Menschen an, sowohl Mitarbeiter als auch Kunden. Und natürlich stoßen sie auch andere, die nicht dazu passen, ab. Marken dürfen und sollen dabei durchaus polarisieren. Man muss nicht Everybody´s Darling sein. Wer es allen recht machen will, endet bekanntlich im Mittelmaß. Dass das markenstärkende Nein in der Praxis so selten ausgesprochen wird, nach für Anja Förster und Peter Kreuz einen nachvollziehbaren Grund: „Ein Nein bedeutet, sich auf das festzulegen, was man nicht tut.“
Dummerweise liegt da aber auch genau die Schwäche des Neins: Die Festlegung darauf, was man nicht tut, kommt nicht mit der eingebauten Sicherheit, dass sich das auch im Nachhinein als brillante und einzig richtige Entscheidung herausstellt. Genau das schreckt die Ängstlichen ab. Sie legen sich nicht fest und versuchen, alle Optionen offenzuhalten. Das Ergebnis: Verwechselbarkeit bis zur Unkenntlichkeit. Alle Konturen werden unermüdlich glattgeschliffen. Alles ist total beliebig und austauschbar. Quelle: „Nein“ von Anja Förster und Peter Kreuz
Von Hans Klumbies