Max Frisch macht sich Gedanken über die Eifersucht

Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch erkennt in der Eifersucht die Angst vor dem Vergleich. Die Küsse, die zärtlichen Einfälle, die Umarmungen eines anderen könnten besser sein als die eigenen. Eine Trauer kann man teilen, eine Eifersucht nicht. Max Frisch fragt sich, was ein eifersüchtiger Mensch überhaupt will. Er erhebt Anspruch auf einen Sieg ohne Wettstreit und ist verzweifelt darüber, wenn es zur Auseinandersetzung kommt. Wer von Treue redet, weiß eigentlich ganz genau, dass er sich eigentlich nicht nach der Treue, sondern der Liebe des Partners sehnt. Jeder will geliebt werden. Max Frisch schreibt: „Nur in der Eifersucht vergessen wir zuweilen, dass Liebe nicht zu fordern ist, dass auch unsere eigene Liebe, oder was wir so nennen, aufhört, ernsthaft zu sein, sobald wir daraus einen Anspruch ableiten.“

Die Eifersucht kann sich sogar auf Tote beziehen

Max Frisch fragt sich, wie es möglich ist, dass sich die Eifersucht, wie es denn öfter vorkommt, sogar auf Tote beziehen kann, die mindestens als leibliche Gestalt nicht wiederkommen können. Er gibt folgende Antwort: „Nur aus Angst vor dem Vergleich.“ Jeder Mann weiß eigentlich, der einer Frau in Eifersucht gegenübertritt, auf diese alles andere als gewinnend wirkt. Max Frisch erklärt: „Seine Eifersucht, offensichtliche Angst vor dem Vergleich, ist für sie nicht selten die erste Ermunterung, sich umzusehen, Vergleiche anzustellen.“

Die Frau erkennt in der Eifersucht des Mannes seine Schwäche. Max Frisch schreibt: „Sie blüht geradezu unter seiner Eifersucht – mit Recht findet er sie schöner als je! – blüht in neuer willkürlicher Hoffnung, dass ihre Liebe offenbar noch ganz andere Erfüllungen erfahren könnte.“ Laut Max Frisch sieht man Männer und Frauen, die ihrer Kraft, ihrer Herrlichkeit und ihres Zaubers sehr sicher sind, selten im Zustand der Eifersucht. Obwohl es auch ihnen nicht an Anlass fehlt.

Immer droht die Eifersucht in die Lächerlichkeit abzugleiten

Diese selbstbewussten Menschen haben allerdings keinen Grund zur Angst. Sie kennen laut Max Frisch zwar den Verlust und die brennende Wunde, die keiner Liebe erspart bleibt, doch kommen sie sich dabei weder lächerlich, verhöhnt oder gar minderwertig vor. Sie tragen ihre Last und fassen das Scheitern ihrer Liebe nicht als Niederlage auf. Sie heulen nicht über Untreue, und die Frau, deren Vorstellungen sie eines Tages nicht mehr entsprochen haben, beschimpfen sie nicht in übelster Weise.

Max Frisch schreibt: „Die Sprache schon meint es nicht gut, wenn sie vom Gehörnten redet oder vom Hahnrei, ein besseres Wort hat sie nicht, und es ist kein Zufall, dass die Eifersucht, wie bitter sie auch in Wahrheit schmeckt, so viele Possen füllt. Immer droht ihr das Lächerliche.“ Offenbar ist die Eifersucht, obwohl sie Katastrophen heraufzubeschwören vermag, nicht eigentlich eine tragische Leidenschaft, da ihr irgendwo das Anrecht fehlt, das letzte, das ihr die Größe gäbe.

Von Hans Klumbies