Die Menschenwürde ist durch das Grundgesetz gesichert

Die Menschenwürde ist heute in Deutschland im juristischen Sinn ein sogenanntes Leistungsrecht und durch eine sogenannte Ewigkeitsgarantie in Artikel 79 des Grundgesetzes gesichert: Jeder Mensch hat einen Anspruch auf Achtung, „unabhängig von seinen Eigenschaften, seinem körperlichen oder geistigen Zustand, seinen Leistungen oder sozialen Status“. Gerald Hüther ergänzt: „Artikel 1 des Grundgesetzes schützt somit vor Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung, Ächtung und ähnlichen Handlungen durch Dritte oder den Staat selbst.“ In vielen Grundsatzurteilen haben die Richter des Verfassungsgerichts immer wieder betont, dass der Mensch sich „in Freiheit selbst bestimmen und entfalten“ dürfe, „aber nicht als isoliertes und selbstherrliches, sondern als gemeinschaftsbezogenes Individuum“. Die Vorstellung von der Würde des Menschen wurde so zum Wegweiser durchs Leben, zur Erinnerung und Stütze. Gerald Hüther zählt zu den bekanntesten Hirnforschern in Deutschland.

Die Würde des Menschen ist unantastbar

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützten ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Wenn man die Geschichte des sogenannten Abendlandes genauer betrachtet, wird deutlich, dass es in jeder Epoche Personen gab, die nach einer Antwort auf die sehr grundsätzliche Frage suchten, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. Als die Vorstellung der Würde des Menschen entstand und sich zu verbreiten begann, befreite sich das Zeitalter der Aufklärung, der Emanzipation des Bürgertums von den Machtansprüchen und Dogmen der damaligen Herrscher und Autoritäten.

Gerald Hüther stellt fest: „Es war der Beginn des Siegeszugs wissenschaftlicher und technologischer Innovationen, die Befreiung aus den mittelalterlichen Fesseln der Kirche und Feudaladel.“ Es war der Anfang einer Entwicklung, die althergebrachte Ordnungsstrukturen auflöste und vieles in Gang setzte, was bis dahin blockiert worden war. Die alte Ordnung, die Machtapparate der Könige und Päpste, begann sich aufzulösen, aber ein neues, Sinn stiftendes Element war nicht in Sicht.

Die Würde dient als Richtschnur für die Gestaltung des Lebens

Es musste also etwas gefunden werden, dass den nun einigermaßen befreiten Bürgern einen neuen Maßstab für ihr Denken und Handeln bot: Sie brauchten ein neues Selbstverständnis, das es ihnen ermöglichte, ab jetzt selbst die Verantwortung für ihre Lebensgestaltung und für ein geordnetes Zusammenleben zu übernehmen. Dieses neue Selbstverständnis, diesen Kompass, sahen diejenigen, die die Entwicklung damals mit Sorge verfolgten, in der Vorstellung von der Würde des Menschen, die es grundsätzlich und immer zu wahren gelt.

Jahrhundertelang waren die Menschen von übermächtigen Autoritäten dazu gezwungen worden, ihr Handeln an den von diesen Machthabern bestimmten Vorgaben auszurichten. Jetzt sollte ihnen eine eigene Vorstellung, nämlich die ihrer eigenen Würde, als Richtschnur für die Gestaltung ihres Lebens und des Zusammenlebens dienen. So richtig geklappt hat das damals – und im Grund genommen bis heute – leider noch nicht. Aber es war eine wegweisende Idee. Quelle: „Würde“ von Gerald Hüther

Von Hans Klumbies