Laut Frank Böckelmann muss der moderne Mensch ständig Entscheidungen treffen, die eigentlich seinen Horizont übersteigen. Herrschte früher über bestimmte Werte und Normen gesellschaftlicher Konsens vor, ist heute nichts mehr allgemeinverbindlich und die Menschen sind ständig gezwungen, weitreichende Urteile zu fällen, ohne die Risiken und Nebenwirkungen auch nur im entferntesten zu kennen. Frank Böckelmann glaubt nicht, dass die Heerscharen von Beratern den Betroffenen wirklich helfen können, sondern im Extremfall die Lage sogar verschlimmern. Der Autor ist davon überzeugt, dass sich viele Schwierigkeiten von selbst in Luft auflösen, wenn man bereit ist, das eigene Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen und voller Lust Neues auszuprobieren.
Risiken aller Art kennzeichnen das Leben in der Moderne
Frank Böckelmann ist Herausgeber der Zeitschrift „Tumult“ und hat unter anderem die Bücher „Die Gelben, die Schwarzen, die Weißen“ und zusammen mit Hersch Fischler „Bertelsmann. Hinter der Fassade des Medienimperiums“ veröffentlicht. Die Kapitel seines Buches hat der Autor nach Stichworten in alphabetischer Reihenfolge geordnet. Die Risiken, die Frank Böckelmann untersucht, beginnen beim Alkohol, setzen sich über den Ehevertrag, die Geldanlage, Schönheitsoperationen, Wissenschaftsgläubigkeit bis zum Zeitmanagement fort.
Nach Frank Böckelmann unterliegen die Menschen heute starken wirtschaftlichen Zwängen, wobei sie die Entwicklung auf den Märkten kaum jemals beeinflussen können und tragen dennoch für fast alles, was ihnen geschieht, die volle Verantwortung. Er schreibt: „Risiken neuer Art, trivial und aberwitzig zugleich, kennzeichnen heute die Existenz des Einzelnen.“ Frank Böckelmann hat sie zu 120 sinnfälligen Stichworten komprimiert. Er folgt dabei einer Sprachregelung, nach welcher Gefahr ein drohendes Unheil durch nicht oder kaum beeinflussbare Gewalten bezeichnet.
Die Zukunft ist nur sehr beschränkt planbar
Das Risiko dagegen ist für Frank Böckelmann ein Wagnis, das ein Mensch bewusst und kalkuliert auf sich nimmt. Er schreibt: „Die Gefahr ficht uns als fremde Macht an; das Risiko akzeptieren wir als Konsequenz eigener oder mittragender Entscheidung zwischen Alternativen nach Abwägung der Wahrscheinlichkeit, mit der sie uns an ein bestimmtes Ziel heranzuführen scheint.“ Risiken eröffnen ihren Trägern bestimmte Chancen eines Gewinns oder eines Verlusts.
Frank Böckelmann ist fest davon überzeugt, dass Menschen, welche die hartnäckige Absicht verfolgen, sich selbst und ihr künftiges Leben zu verplanen, zum Scheitern verurteilt sind, denn sie leugnen das Risiko. Sie glauben in ihren Plänen die Antwort auf alle Fragen gefunden zu haben und bräuchten nur noch durchzuhalten. Was als Rausch der Allmacht empfunden wird, ist in Wirklichkeit ein selbstinszenierter Ohnmachtswahn. Denn immer tritt etwas ein, das nicht vorhersehbar war.
Im Äußersten hilft laut Frank Böckelmann zum Beispiel bei der Sterbehilfe von der Selbstbestimmung abzulassen und andern zu vertrauen. Hingegen fordern andere Lebenslagen wie die Vaterschaft, eine Unternehmensgründung oder eine Reise mit Kindern das Experiment, den Aufbruch und die Überschreitung von Grenzen.
Risiko, also bin ich
Von Lust und Last des selbstbestimmten Lebens
Frank Böckelmann
Verlag: Galiani Berlin
Gebundene Ausgabe: 302 Seiten, Auflage: 2011
ISBN: , 19,95 Euro
Von Hans Klumbies