Die grundlegenden Begriffe der Ethik sind für Brenda Almond gut und schlecht, richtig und falsch, Pflicht und Verpflichtung. Es gibt verschiedene Theorien der Ethik, die sie jeweils anders betonen und interpretieren. Das bedeutet laut Brenda Almond allerdings nicht, dass eine gemeinsame Ethik ausgeschlossen wäre. Sie hält nichts von der Sichtweise, die Ethik nur auf ein persönliches oder sexuelles Verhalten einzuengen. Brenda Almond erklärt: „Als im Athen des 5. vorchristlichen Jahrhunderts die ersten ethischen Diskussionen stattfanden, die uns überliefert sind, hielten es sowohl Platon als auch Aristoteles für selbstverständlich, dass Fragen nach dem guten Menschen und einer guten Gesellschaft untrennbar miteinander verbunden waren.“ Brenda Almond ist emeritierte Professorin für Moral- und Sozialphilosophie an der Universität von Hull. Sie ist Präsidentin der Philosophical Society von England und Vize-Präsident der Gesellschaft für angewandte Philosophie.
Die Ethik der Gegenwart beschäftigt sich auch mit globalen Problemen
In ihren Debatten handelten die griechischen Philosophen die zentralen ethischen Vorstellungen ab. Sie diskutierten nicht nur über das Gute selbst, sondern auch über Ansichten von richtig und falsch, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit sowie über Tugenden wie Mut und charakterliche Fehlleistungen wie Feigheit. Doch seit jener Zeit hat sich die Ethik stark weiterentwickelt. Brenda Almond erläutert: „Sie beschäftigt sich nicht nur mit dem persönlichen Verhalten, sondern mit übergreifenden, globalen Problemstellungen.“
Die Fähigkeit des Menschen, bestimmte Dinge eher auf die Ethik denn auf praktische Begriffe zurückzuführen, zeigt sich laut Brenda Almond vielleicht schon in der ersten philosophischen Frage, die man stellen kann: „Was soll ich tun?“ Denn die Wechselwirkung mit der Welt und anderen Menschen hat ihrer Meinung nach schon eingesetzt, noch ehe der Mensch gehen oder sprechen kann und sicher auch, ehe die Fähigkeit des Denkens und die Anhäufung von Wissen eine Rolle spielen.
Wie sich moralische Handlungen im Verlauf des Lebens wandeln
Schon das Kind, nachdem es sich seiner selbst bewusst geworden ist, wird mit der Wahlmöglichkeit konfrontiert, ethisch beziehungsweise moralisch zu handeln. Brenda Almond erklärt: „Es ist zu erwarten, dass die Gründe für diese erste Entscheidung an die Befriedigung der eigenen Wünsche und Bedürfnisse gekoppelt sind. Später wird das Interesse für andere als eine Entgrenzung der egoistischen Perspektive wahrgenommen. Und vielleicht noch später kommt das Bewusstsein eines deutlichen moralischen Grundes für die eigenen Handlungen auf.“
Die Suche nach der Quelle eines möglichen moralischen Lebens und der Versuch, es auf eine sichere theoretische Basis zu stellen, sind es, die laut Brenda Almond, die Substanz der Ethik ausmachen. Die erste und offensichtlichste Möglichkeit, die Ethik zu begreifen, ist ihrer Meinung nach, sie mit einem anerkannten Verhaltenskodex wie zum Beispiel den „Zehn Geboten“ gleichzusetzen. Brenda Almond erläutert: „Menschliche Gemeinschaften haben seit frühester Zeit moralische Verhaltenscodes ausgearbeitet, und die meisten der großen Weltreligionen bieten ihren Gläubigen entsprechende ethische Systeme an.“
Von Hans Klumbies