Die Bildung in der Renaissance orientierte sich an der Antike

Das Bildungswesen der Renaissance zeichnete sich durch die Abwendung vom mittelalterlichen Lehrbetrieb und die Wiederbelebung der lateinischen und griechischen Sprache aus. Das Ideal der freien Persönlichkeit, den vollkommenen Edelmann zu erreichen, ist das Ziel diverser pädagogischer Einrichtungen, die ab dem frühen 16. Jahrhundert, vor allem in Italien entstanden. Gebildete Damen aus dem Adel wie Beatrice d`Este, die Künstler wie Bramante und Leonardo da Vinci nach Mailand an ihren Hof berief oder die geistvolle Isabelle d`Este in Mantua förderten an ihren Musenhöfen ein reges kulturelles Leben. Zur höfischen Erziehung gehörten neben den geistigen Disziplinen auch der Tanz, Reiten, Fechten, höfische Zucht und gesellschaftliche Pflichten. Die Söhne des reichen Bürgertums konnten an dieser Erziehung partizipieren oder konnten Schulen besuchen, die sie ihn ähnlicher Weise auf ihre Berufe vorbereiteten.

Die erste deutsche Universität wurde in Prag gegründet

Seinen größten Einfluss übte das Studium der Antike an den Universitäten von Rom, Florenz, Padua und Bologna aus. Auch die von Kaiser Karl IV. 1348 gegründete erste deutsche Hochschule in Prag genoss in kürzester Zeit ein beachtliches Ansehen. Ein Zentrum der in der Renaissance gepflegten humanistischen Studien war die von den Medici geförderte, 1459 gegründete sogenannte Platonische Akademie in Florenz, die sich überwiegend den Schriften Platons widmete und versuchte, eine Übereinstimmung zwischen der platonischen Lehre und dem Christentum nachzuweisen.

Der Humanismus ließ, zunächst unter einseitiger Betonung der Geisteswissenschaften, das antike Ideal vom harmonischen Menschen wieder aufleben. Vertreten wurde er unter anderem von dem Philosophen Pico della Mirandola (1463 – 1494), von Enea Silvio Piccolomini (1405 – 1464) und von Angelo Poliziano (1454 – 1494), der für die Erziehung der Söhne des Lorenzo Medici verantwortlich war. An der Universität von Rom lehrte Laurentius Valla (1406/07 – 1457) als Philologe, der dem Latein des Mittelalters wieder die klassische Sprache der Römer entgegensetzte.

Juan Vives berücksichtigt die Individualität seiner Schüler

Einer der bedeutendsten Humanisten war der streng scholastisch erzogene Spanier Juan Vives (1492 -1540), der als Lehrer in England, Frankreich und den Niederlanden wirkte. In seinem Buch „De disciplinis“ entwarf er genaue Schulpläne mit methodischen Anweisungen für den Unterricht. Juan Vives forderte nach einer Schulung der Sprache vom 7. bis 15. Lebensjahr einen zehnjährigen Unterricht in Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften und anschließend ein Universitätsstudium.

Wie weit Juan Vives seiner Zeit voraus war, erkennt man an seinen Forderungen, die Individualität eines Schülers zu berücksichtigen, Mädchen an Schulen zu unterrichten und empirische Verfahren in der Psychologie anzuwenden. Seinem Wirken in den Niederlanden verdankt der Humanismus seine Ausbreitung nach Norden. Allerdings fand er nördlich der Alpen nur an den Universitäten und höheren Schulen Eingang, während er in Italien wegen der näheren Verwandtschaft zur antiken Welt auch im kulturellen Leben des Volkes eine Rolle spielte.

Von Hans Klumbies