Sexualtität hat etwas mit Entspannung und Hingabe zu tun

Sex kann sehr unterschiedlich ausfallen und ihn zu haben macht auch nicht automatisch glücklich. Gerade, wenn Beziehungen sehr lange halten, verändert sich die Sexualität. Das anfängliche erotische Knistern verliert sich im Alltag. Aus Verliebtheit wird Technik und sexuelle Routine. Auf diesem Weg geht allzu oft die partnerschaftliche Nähe verloren – und damit die Liebe. Daher ist es kein Wunder, wenn in Österreich 40 Prozent der Ehen geschieden werden, in der Hauptstadt Wien geht sogar jede zweite Ehe in die Brüche. Allzu oft ersetzen enttäuschte Partner die fehlende Nähe durch Seitensprünge, ausgefallene Sextechniken oder durch Pornos. Die Leere bleibt dennoch bestehen. Die Paar-Expertin Eva-Maria Zurhorst erklärt: „Sex soll nicht einfach nur Spannungen abbauen – es geht darum, Energie und Gefühle auszutauschen.“

Ohne fehlende Nähe wird der Sex schal

Wenn Partner jahrelang zusammen sind, fehlt ihnen die Distanz und ohne Distanz gibt es kein Verlangen und Begehren. Gleichzeitig sehnen sie sich aber nach Nähe. Langjährige Partner brauchen einen neuen Umgang miteinander. Eva-Maria Zurhorst: „Wenn die Nähe fehlt, wird der Sex schal. Paare brauchen Mut, das Herz wieder reinzubringen. Sexualität ist nicht körperlich, sie findet im Körper statt. Der Körper ist das Spielfeld, aber das Spiel wird von den Gefühlen gespielt, die sich im Körper ausdrücken und ihn lebendig machen.“

Wer in der Partnerschaft Nähe, Vertrauen und Hingabe erleben will, muss sich auch selbst emotional hingeben. Das Bedürfnis nach Sex ist auch für viele Männer ein Wunsch nach Nähe und Kontakt. Wen sich die Frau dem Verlangen entzieht, fühlt der Mann immer mehr Druck. Natürlich gibt es das auch umgekehrt. Eva-Maria Zurhorst fügt hinzu: „Viele fühlen sich dann nach dem Sex leer, traurig, manchmal regelrecht verspannt.“ Die Leere nach dem Sex wird dann ausgelöst, wenn Sex sportlich betrieben wird und Spannungen abbauen soll.

Das Schwierigste in einer Partnerschaft ist die Sprachlosigkeit

Die Menschen müssen auch wieder lernen, sich im Alltagsumfeld zu öffnen und Nähe zuzulassen. Dann kommt auch die Sexualität wieder. Dafür brauchen sie den Geist des neugierigen Anfängers. Eva-Maria Zurhorst nennt ein Beispiel: „Frauen brauchen Mikroberührungen und der ganze Körper bekommt einen Schauer. Männer glauben oft, sie müssen gewaltig etwas machen, um die Frau anzutörnen – oft ist gerade das kontraproduktiv.“ Sexualität hat, wenn sie die Partner nähren soll, etwas mit Loslassen, Entspannung und Hingabe zu tun.

Wenn zwei Menschen einander finden wollen, müssen sie behutsam miteinander umgehen. Die Frau muss das Vertrauen haben, sich in ihrem Körper zu öffnen und hinzugeben – und der Mann in seinem Herzen. Das Schwierigste ist für Eva-Maria Zurhorst die Sprachlosigkeit: „Wir brauchen Paar-Sein – nicht als Verwaltungsteam, sondern als Wir. Das lebt von alltäglichen Berührungen: den Begrüßungskuss wirklich zu spüren. Wenn ich frisch verliebt bin, bin ich mit jeder Faser in diesem Kuss.“ Quelle: Kurier

Von Hans Klumbies