Daniel Goeudevert schwärmt von der Lokalisierung

Der ehemalige Topmanager Daniel Goeudevert geht davon aus, dass die nächste Phase der Globalisierung durch eine eindeutige Tendenz zur Lokalisierung gekennzeichnet sein wird. Der Bestsellerautor erklärt: „Nachhaltigkeit, eine marktnahe Produktion von Waren sowie dezentrale Selbstversorgungssysteme für Energie, Treibstoff, Nahrungsmittel und Wasser, die den jeweiligen lokalen Gegebenheiten angepasst sind, werden die Zukunft prägen.“ Gleichwohl wird diese Zukunft laut Daniel Goeudevert eine durch und durch globalisierte bleiben, und zwar nicht nur, nicht einmal in erster Linie wegen der Kommunikationstechnologie, sondern weil sich die Erkenntnis, dass die weltweit dringendsten Probleme – Energieversorgung, Klimawandel, Nahrungsmittel- und Wasserknappheit, Armut, Fundamentalismus – nicht national gelöst werden können, endlich durchzusetzen beginnt. Der Topmanager Daniel Goeudevert war Vorsitzender der deutschen Vorstände von Citroën, Renault und Ford sowie Mitglied des Konzernvorstands von VW.

Der Weltmarkt wird in Zukunft nicht mehr alles beherrschen

Für Daniel Goeudevert tragen schon heute viele Elemente des Krisenmanagements auf die weltweiten Bedrohungsszenarien ebendiese Charakteristika: ein Zunehmen der Lösungsansätze vor Ort, die Bildung lokaler Kreisläufe, die Vermeidung langer Transportwege. Dazu kommen kulturelle Sensibilitäten, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit, soziale Ausgewogenheit, die Übertragung von Verantwortung und vieles mehr.

Diese genannten Maßnahmen gehen nicht mehr von einem alles beherrschenden Weltmarkt aus, dessen Bedingungen des Wettbewerbs den Takt sowie alle daraus angeblich erwachsenden Notwendigkeiten vorgeben. Daniel Goeudevert ergänzt: „Sie nehmen diesen Weltmarkt vielmehr dezidiert aus Sicht der örtlichen Besonderheiten und der „Stakeholder“ – das heißt etwa der Anwohner und der vorherrschenden Umweltbedingungen – in den Blick.“ Dabei entstehen Fragen, was man in einer Firma, an einem Ort, oder in einem Land konkret tun kann, um das Leben generell zu verbessern.

Die Verlagerung der Produktion ist ein Übergangsphänomen

Den Wettbewerb der Standorte über möglichst niedrige Steuern und Lohnkosten, dieses scheinbar so typische Element der Globalisierung, hält Daniel Goeudevert in großen Teilen für ein Übergangsphänomen, das seiner Meinung ohnehin nie von wirklich eminenter Bedeutung gewesen ist. Der ehemalige Topmanager erläutert: „Zwar gibt es fraglos eine Standort-Konkurrenz – und für die durch Betriebsverlagerungen arbeitslos gewordenen Arbeitnehmer sind und bleiben solche unternehmerischen Entscheidungen eine Katastrophe. Aber der Anteil der industriellen Produktion, für den solcher Wettbewerb tatsächlich verlockend ist, dürfte in Wahrheit recht überschaubar sein.“

Gemäß Daniel Goeudevert können nur solche Betriebe von einer Verlagerung der Produktion profitieren, deren Herstellungsverfahren sowohl einfach als auch personalintensiv sind. Daniel Goeudevert ergänzt: „Denn der Lohnkosten- und Steuerersparnis auf der Habenseite stehen in der Regel deutlich höhere Logistik- und Transportkosten auf der Sollseite gegenüber. Zum anderen haben Industrieansiedlungen in Niedriglohnländern immer den Effekt, dass dort nach relativ kurzer Zeit mit der Verbesserung der wirtschaftlichen Gesamtlage auch die Einkommen steigen.“

Von Hans Klumbies