Narrationen stiften Sinn und Zusammenhang

Addition und Kumulation verdrängen Narrationen. Byung-Chul Han erläutert: „Die sich über weite Zeiträume erstreckende narrative Kontinuität zeichnet Geschichte und Erinnerung aus. Erst Narrationen stiften Sinn und Zusammenhang.“ Die digitale, das heißt numerische Ordnung ist ohne Geschichte und Erinnerung. So fragmentiert sie das Leben. Der Mensch als sich optimierendes, sich neu erfindendes Projekt erhebt sich über die „Geworfenheit“. Martin Heideggers Idee der „Faktizität“ besteht darin, dass die menschliche Existenz auf dem Unverfügbaren gründet. Heideggers „Sein“ ist ein anderer Name für das Unverfügbare. „Geworfenheit“ und „Faktizität“ gehören zur terranen Ordnung. Die digitale Ordnung defaktifiziert die menschliche Existenz. Sie akzeptiert keinen unverfügbaren Seinsgrund. Ihre Devise lautet: „Sein ist Information“. Das Sein ist somit ganz verfüg- und steuerbar. Die Bücher des Philosophen Byung-Chul Han wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt.

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In Narrationen teilt man die Erfahrungen anderer

Warum verbringen Menschen so viel Zeit mit Narrationen? Damit meint Fritz Breithaupt nicht nur die Filme, die man sich reinzieht, und die Bücher, die man liest. Sondern er zählt auch die vielen Unterhaltungen dazu, die Menschen darüber führen, wer was mit wem gemacht hat, die Posts in den sozialen Medien sowie die eigenen Gedanken dazu. Die Antwort auf diese erste Frage ist für Fritz Breithaupt einfach: „In Narrationen erleben wir die Erlebnisse von anderen mit und teilen ihre Erfahrungen. Das ist möglich, weil wir uns in Narrationen ja an die Stelle von anderen versetzen können und dann tatsächlich „ihre“ Erfahrungen selbst machen.“ Und zugleich kommt man durch Narrationen in den Genuss, auch das Verbotene einmal zu erproben. Fritz Breithaupt ist Professor für Kognitionswissenschaften und Germanistik an der Indiana University in Bloomington.

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Das narrative Denken ist ein großartiges Medium

Fritz Breithaupt klärt in seinem neuen Buch „Das narrative Gehirn“ darüber auf, warum Menschen so viel Zeit mit Narrationen verbringen. Eine seiner Thesen lautet: „In den Narrationen erleben wir die Erlebnisse von anderen mit und teilen ihre Erfahrungen. Das ist möglich, weil wir uns in Narrationen ja an die Stelle von anderen versetzen können und dann tatsächlich „ihre“ Erfahrungen selbst machen.“ Man kann auch narrative und mentale Erfahrungen machen und zugleich die Handlungen nicht ausführen. Somit verdoppelt man sein Leben. Man kann auch bereits Getanes ein zweites Mal miterleben oder sich eine geplante Handlung vor Augen führen. Dies fängt bei minimalen Reaktionen an und endet bei den großen Lebensentscheidungen. Insofern ist narratives Denken ein großartiges Medium des Erlebens und Planens. Fritz Breithaupt ist Professor für Kognitionswissenschaften und Germanistik an der Indiana University in Bloomington.

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