Silvio Vietta kennt den Wert der Demokratie

Silvio Vietta kann im Rückblick auf die Geschichte der Demokratie viele Argumente für sie ausfindig machen. Erstens: Die Demokratie entsteht mit der Ersten Aufklärung in der Antike als eine Art Entmythisierung der Vorstellung, die Götter oder ein Gott lenke die Geschichte. Der Mensch als Gattungswesen muss daher selbst „erwachsen“ werden, und seine Politik wie Geschichte selbst verantworten. Silvio Vietta stellt fest: „Demokratie bedeutet in diesem Sinne einen Reifungsprozess der ganzen Menschheit.“ Zweitens: Schon Perikles in der antiken Demokratie stellt diese selbst in den Zusammenhang einer Mündigwerdung der demokratischen Polis und auch des einzelnen Bürgers. Dieser muss ja nun die Verantwortung für seine Geschicke selbst in die Hand nehmen und sollte daher kulturell gebildet, gut informiert und persönlich gereift sein. Prof. em. Dr. Silvio Vietta hat an der Universität Hildesheim deutsche und europäische Literatur- und Kulturgeschichte gelehrt.

Die Bürger müssen sich möglichst gut informieren

Natürlich gibt es Ungebildetheit, Uninformiertheit und das Desinteresse vieler Bürger schon in der Antike und auch heute in den meisten modernen Demokratien. Aber das hebelt ja nicht die Pflicht der Bürger aus, sich möglichst gut zu informieren und das eigene Urteil kritisch abzuwägen. Drittens: Demokratie setzt, wenn sie nach dem mündigen Bürger verlangt, auch ein gut entwickeltes Bildungssystem voraus. Sie steht damit auch in der Pflicht, ein solches für seine Bürger zu schaffen.

Die Qualität der politischen Diskurse und die Entscheidungskompetenz der Bürger hängt entscheidend von einem möglichst hohen Bildungsstand ab. Viertens: Insbesondere die neuzeitliche Aufklärung hat in der Demokratie das beste System gegen den Machtmissbrauch durch Menschen gesehen. Durch die Gewaltenteilung und die Wähl- und Abwählbarkeit seiner Vertreter versuchte die neuzeitliche Aufklärung dies zu unterbinden. Das heißt für Silvio Vietta auch: „Demokratie entspricht am besten der anthropologischen Schwächen des Menschen.“

Demokratien neigen zu einer friedlichen Politik

Die idealistischen Positionen eines Jean-Jacques Rousseau wie des Kommunismus-Sozialismus haben eher unmenschliche und totalitäre Regimes in die Welt gesetzt. Die humankritischen Positionen der englischen und amerikanischen Theoretiker haben dagegen viel weniger Schaden angerichtet. Als besonders gefährlich hat sie die Theorie der Neugeburt des Menschen aus der Totalität des „Gesellschaftsvertrages“ erwiesen, wie sie Jean-Jacques Rousseau und auch der Marxismus-Kommunismus vertreten haben.

Diese im Grunde technische Utopie einer Neu-Konstruktion des Menschen aus dem gesellschaftlichen Verbund heraus ist gefährlich und undemokratisch. Denn sie läuft auf eine totalitär-staatliche Steuerung der Humanität selbst hinaus und ist damit selbst inhuman. Fünftens: Demokratien neigen zu einer friedlichen Politik. Denn sie ausdrücklich dazu verpflichtet, die Sicherheit und das Glück ihrer Bürger zu vertreten. Silvio Vietta weiß: „Untereinander haben Demokratien in der Moderne noch keine Kriege gegeneinander vom Zaun gebrochen. In der Antike allerdings doch, wenn wir an den Peloponnesischen Krieg denken.“ Quelle: „Europas Werte“ von Silvio Vietta

Von Hans Klumbies