Jonathan Wolff nähert sich dem Begriff der Freiheit an

In liberalen Demokratien wird der Freiheit laut Jonathan Wolff, der am University College London Philosophie lehrt, oft der höchste Wert beigemessen. Aber was ist Freiheit überhaupt? Jonathan Wolff nähert sich der Antwort über die Unfreiheit, indem er sagt: „Alles, was mich davon abhält, etwas zu tun, verringert meine Freiheit.“ Dabei muss man allerdings zwischen dem Mangel an Fähigkeit und einem Defizit an Freiheit unterscheiden. Zu einer genaueren Bestimmung des Freiheitsbegriffs zitiert Jonathan Wolff den litauischen Philosophen Isaiah Berlin, der von 1909 bis 1997 lebte. Dieser unterschied zwischen negativer Freiheit, die die Abwesenheit äußerlicher Zwänge ist, und positiver Freiheit, die rationale Selbstbeherrschung und Meisterung der eigenen Begierden verlangt.

Die negative Freiheit schützt die Menschen besser vor Tyrannei 

Isaiah Berlin hielt die positive Freiheit für gefährlich, da sie voraussetzt, dass andere oft einen klareren Begriff davon hätten als man selbst, ob man eine solche Selbstbeherrschung tatsächlich ausübt. Dadurch könnten die Anderen einen rechtlichen Anspruch darauf erheben, uns im Namen der Freiheit zu etwas zu zwingen. Wenn man der Sichtweise Isaiah Berlins folgt, schützt die negative Freiheit die Menschen besser vor jeglicher Tyrannei als die positive Freiheit.

In der Politik wird laut Jonathan Wolff eine ernsthafte Debatte über das Verhältnis von Geld und Freiheit geführt. Er erklärt: „Die Bedeutung und Brisanz dieser Debatte besteht darin, dass die eine Seite sagt, wenn wir Freiheit für alle wollen, müssen wir auch den Wohlstand für alle herstellen; während die anderen sagen, dass hier zwei verschiedene Themen vermischt werden.“ Scheinbar gibt es mehrere Begriffe von Freiheit: In einem Fall hat ein Mensch die reale Möglichkeit, im anderen Fall nur die Erlaubnis.

Selbst die Idee der Toleranz hat ihre Kritiker

Historisch gesehen gehören die Freiheiten der Religion, der Meinung und der Rede für Jonathan Wolff zu den höchsten Formen der Freiheit, und deren Durchsetzung war Teil der Bewegungen, die sich für die Toleranz einsetzten. Jonathan Wolff erläutert: „Anfangs bedeutete Toleranz, dass religiöse Minderheiten nicht verfolgt wurden; gemeint war die Freiheit des Gewissens. In jüngerer Zeit ist diese Idee der Toleranz auch auf unterschiedliche Lebensstile ausgeweitet worden, was einschließt, dass die Menschen zum Beispiel ihre homosexuellen Partnerschaften frei ausleben können.“

Jonathan Wolff vergisst auch nicht die Kritiker der Idee der Toleranz zu erwähnen. Sie kritisieren, dass etwas zu dulden auch als Voraussetzung dafür dienen kann, eine eigentlich negative Haltung zu diesem Gegenstand zu stärken. Jonathan Wolff schreibt: „Man findet sich mit etwas ab, was man im Grunde ablehnt. Deshalb wollen die, die das Leben von Minderheiten-Religionen oder –Kulturen führen oder ungewöhnliche Lebensstile pflegen, dass sie nicht nur toleriert, sonder auch akzeptiert werden.“

Von Hans Klumbies