Nur in der Stille kann man die innere Stimme hören

Harald Koisser, der Autor des Buchs „Die Kunst, sich zu verändern“, antwortet auf die Frage, warum heute so viele Menschen unter Stress leiden wie folgt: „Weil wir in einem System der Unruhe leben, dem wir uns freiwillig unterwerfen. Da ist keine dunkle Macht. Niemand zwingt uns.“ Viele Menschen unterwerfen sich freiwillig dem martialischem Rhythmus der Gegenwart. Man könnte dies aber auch lassen, denn die meisten Menschen sind freier als sie glauben. Harald Koisser erklärt: „Wir haben viel mehr Freiheiten, als wir uns bewusst machen. Alles, was in unserer Freizeit geschieht, entscheiden wir selbst.“ Eine stressfreie Freizeit liegt laut Harald Koisser vor allem in der Stille. Denn die Stille ist eine Wohltat und wirkt auf zwei Weisen: Zum einen ist Stille die Abwesenheit von Reizen.

Viele Menschen unterwerfen auch ihre Freizeit den Regeln des Berufslebens

Zudem ist die Stille für den Körper so erholsam wie der Schlaf. Zum anderen hat man, wenn es wirklich still ist, die Möglichkeit, die innere Stimme zu hören. Harald Koisser erläutert: „Das ist die Stimme, die mir sagt, wer ich bin und was ich will. Das ist die eigentliche Qualität der Stille, und ideal wäre es, die stille Jahreszeit auch dazu zu nutzen.“ Niemand zwingt einen, die Freizeit genauso zu gestalten wie das Berufsleben. Aber genau das tun viele Menschen, sie unterwerfen sich auch in ihrer Freizeit den Regeln des Berufsalltags.

Harald Koisser rät, nicht jede Minute der Freizeit mit Tätigkeiten auszufüllen, da Menschen keine Roboter sind. Zudem sollten die Menschen lernen, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Die magische Übung, die jeder lernen sollte, ist das Loslassen. Harald Koisser stellt fest: „Es ist ein Zeichen unserer Zeit, dass wir das nicht mehr schaffen. Wir leben in einer Kultur der Akkumulation. Wir sind darauf konditioniert, Dinge zu sammeln und nicht wieder herzugeben. Das Hergeben kann man lernen.“

Viele Menschen akzeptieren lieber das bekannte Leid als das unbekannte Glück

Eine gute Übung für das Loslassen ist das Aufräumen. Das Zimmer aufräumen und das Leben aufräumen. Wie man Ordnung in die Gegenstände bringt, kann man auch Ordnung in seine Beziehungen bringen. Beruf und Liebe bergen für Harald Koisser ein großes Potential, sowie positiv als auch negativ. In beiden Bereichen merken die meisten Menschen ganz genau, wann die Zeit gekommen ist, den Arbeitsplatz zu wechseln oder aus einer Beziehung auszusteigen. Im Beruf ist es so weit, wenn man spürt, dass man innerlich gekündigt hat.

In der Liebe ist es ähnlich. Wenn man merkt, man kommt nicht mehr gern nach Hause, dann ist der Zeitpunkt des Loslassens gekommen. Und wenn man das festgestellt hat, sollte man das Gefühl akzeptieren und die Entscheidung auch durchziehen. Harald Koisser erklärt: „Es ist doch so: Uns ist da bekannte Leid lieber als das vielleicht unbekannte Glück. Wir hängen an dem, was wir kennen, und das Unbekannte macht uns Angst.“ Gerade in der stillen Zeit haben die Menschen die Chance, zu sich selbst zu kommen. Quelle: Welt Kompakt

Von Hans Klumbies