Nach einem für die politische Moderne unverzichtbaren Prinzip, dem der allgemeinverträglichen Freiheit, gibt es Menschenrechte, und deren Kern bilden zwei Grundarten von Freiheitsrechten: Die negativen Freiheitsrechte schützen jeden Einzelnen vor Übergriffen seiten der Rechtsgenossen als auch seitens der Staatsgewalten. Und positive Freiheitsrechte bündeln sich im Staatsziel des Sozialstaates. Als Beispiel eines Freiheitsrechts greift Otfried Höffe ein junges, aber keineswegs geringes Recht heraus, den Datenschutz. Wegen des Internets verlieren räumliche Entfernungen an Gewicht, werden Ereignisse weltweit so gut wie gleichzeitig wahrgenommen und Informationen in Sekundenschnelle ausgetauscht. Nicht zuletzt sind die revolutionär neuen Formen audiovisueller Kommunikation enorm preisgünstig. Für Otfried Höffe geht damit ein erheblicher Demokratisierungsgewinn einher. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.
Im Internet braucht man weder Prestige noch Reichtum
Das World Wide Web sorgt zwar nicht für eine weltweit gleiche Dichte von Geräten und deren Benutzern. Wo immer man die Geräte benutzt, werden aber alle Orte der Welt, auch alle Personen, Unternehmer und Staaten gleich behandelt. Otfried Höffe ergänzt: „Um teilzunehmen, braucht man weder Macht noch Prestige noch Reichtum. Außerdem wird die Zensur autokratischer Staaten unterlaufen, in manchen Ländern freilich mit begrenztem Erfolg.“ Ein weiterer Gewinn an Demokratisierung liegt in Suchmaschinen wie Google und Internet-Enzyklopädien wie Wikipedia.
Sie bieten nämlich jedermann in Sekundenschnelle den Zugang zum (fast) gesamten Wissen der Welt. Gewiss, der Zugang zu den Rechnern und die Fähigkeit, mit ihnen umzugehen, sind nicht überall gleich gegeben. Aber die digitale Grundlage zu einer noch vor wenigen Jahrzehnten unvorstellbaren Demokratisierung des Wissens ist gelegt. Zum radikalen Gewinn an Demokratisierung kommt noch ein ökologischer Gewinn hinzu: Wer im Internet surft, statt ein Auto oder ein Flugzeug zu benutzen, spart Energie und verringert die Umweltbelastung.
Privat heißt ein allen anderen verbotener Freiraum
Allerdings sind die Daten, die über User des Internets kursieren, keine harmlosen Tatsachen, sondern Schlüssel zum inneren Bereich der Persönlichkeit, zum streng Privaten, also zu einem Bereich, der sowohl dem Zugriff des Gemeinwesens, des Staates, als auch anderen Privatpersonen entzogen ist. Privat heißt ein allen anderen zunächst einmal verbotener Freiraum, für das exemplarisch die Unverletzlichkeit der Wohnung steht. Die Wohnung ist die private Festung, zu der man jedem jeder Zeit den Zugang verweigern darf.
Im öffentlichen Recht heißt, wer über das Letztentscheidungsrecht verfügt, Souverän. Die analoge Souveränität im Privaten, die Freiheit, besitzt die betreffende Person und niemand sonst. Deshalb darf grundsätzlich jeder selbst über die Preisgabe und über die Verwendung seiner persönlichen Daten entscheiden. Otfried Höffe fügt hinzu. „Die Frage, wer etwas über meine Person weiß, die weitere Frage, was er über meine Person weiß, schließlich die Frage, wie er zu diesem Wissen gelangt ist – zu diesen drei Fragen hat jeder einzelne das Recht auf Kontrolle. Quelle: „Kritik der Freiheit“ von Otfried Höffe
Von Hans Klumbies