Das kleine, aber doch großartige schriftstellerische Werk der Jane Bowles wurde von prominenten Kollegen hoch gelobt. Zu ihren Bewunderern zählten unter anderen Truman Capote, John Ashbery und Tennessee Williams. Jane Bowles schrieb fast ausschließlich über Frauen. Ihre Romanfiguren glichen überbelichteten Porträts, die viel Platz für die Phantasie des Lesers ließen. In dem Roman „Zwei sehr ernsthafte Damen“ beschreibt Jane Bowles die Ehefrau Frieda Copperfield wie folgt: „Für Mrs. Copperfield war das einzige Lebensziel, glücklich zu sein; Leute allerdings, die ihr Verhalten über einige Zeit hin beobachtet hatten, wären angesichts einer solchen Feststellung überrascht gewesen.“
Der Roman „Zwei sehr ernsthafte Damen“
Zu Beginn des Romans ist Frieda Copperfield nur eine nervöse Ehegattin, die jede Party zerstört, weil sie immer nur über ihre Ängste spricht. Eine Reise mit ihrem Mann nach Panama verändert ihr Leben auf radikale Art und Weise. Dort folgt sie einer schwarzen Hure in ein Bordell und trinkt mit den Damen des Etablissements Whiskey und Rum. Nachdem sie ihren Mann verlassen hat, verliebt sich in eine spanische Prostituierte, von der sie ausgehalten wird. Schließlich kehrt sie als Wrack zu ihrem Mann zurück.
Doch Frieda Copperfield steht zu ihrem neuen Leben und sagt: „Ich bin vor die Hunde gegangen – und das ist etwas, das ich mir seit Jahren gewünscht habe. Ich weiß, meine Schuld könnte nicht größer sein, aber ich habe mein Glück, und das verteidige ich wie eine Wölfin, und Autorität habe ich jetzt und etwas mehr Kühnheit; Eigenschaften, die ich vorher nie besessen habe.“ Die Lage der Frieda Copperfield ist scheinbar alles andere als prächtig. Dennoch ist bei den Chancen, die ihr das Leben geboten hat, ein rauschhaftes Leben, das in den Untergang führt, wahrscheinlich nicht die schlechteste Wahl.
In einem winzigen Augenblick entscheidet sich das Leben
Der Schreibstil von Jane Bowles strahlt eine harte Kühle aus, dennoch ist immer auch ein Mitgefühl für ihre Figuren erkennbar. Sie schreibt über Frauen, die wie neurotische Mädchen oder erstickende Ehefrauen agieren. Die Männerfiguren sind entweder als Schwächlinge oder als Terrier angelegt. Zwischen den Geschlechtern herrscht Funkstille. Jane Bowles schreibt: „Die Herren, die meisten in mittleren Jahren, standen rauchend in einer Ecke des Zimmers zusammen und hörten einander aufmerksam zu. Die Damen saßen frisch gepudert im Zimmer herum und sprachen nur wenig.“
Für Jane Bowles geht es in ihren Romanen immer nur um den einen entscheidenden Augenblick. Dann stellt sich heraus, ob man bis zum Lebensende im Mainstream mitschwimmt oder sich den unendlichen Möglichkeiten der Welt überlässt, indem man das Leben ergreift oder es versäumt. Selbst extreme Rauschzustände können das Unbewusstsein für jene Wahrheiten schärfen, die im nüchternen Zustand nicht zu begreifen sind. Jedenfalls nicht in einer verdrehten Gesellschaft, in der Oberflächlichkeit das Maß aller Dinge ist und der es völlig an Tiefgang fehlt.
Zu den bekanntesten Werken von Jane Bowles zählt der Roman „Zwei sehr ernsthafte Damen“, der Erzählband „Einfache Freuden“ sowie das Buch „Eine richtige kleine Sünde. Prosa, ein Drama und eine Auswahl von Briefen“.
Kurzbiographie: Jane Bowles
Jane Bowles wurde am 22. Februar 1917 in New York als Jane Stajer Auer geboren. Nach dem Besuch einer Privatschule hatte sie einen schweren Reitunfall. Nach einer missglückten Operation blieb ihr Knie steif. 1938 heiratete die „verkrüppelte, jüdische Lesbe“, wie sie sich selbst nannte, den homosexuellen Schriftsteller und Komponisten Paul Bowles, der mit seinem Roman „Himmel über der Wüste“, der 1949 erschien, zur Legende der Hippies werden sollte.
1948 ließ sich das Künstlerpaar in der Hafenstadt Tanger, in Marokko, nieder. Hier erhielten sie prominenten Besuch, unter anderem von Truman Capote, Jack Kerouac, Allen Ginsberg, William S. Burroughs, Somerset Maugham und Cecil Beaton.
Jane Bowles lebte immer wieder mit anderen Partnern in Ceylon, Paris oder New York zusammen, kehrte aber immer wieder nach Tanger zurück, wo sie eine unglückliche Liebesbeziehung zu einer Marokkanerin unterhielt. 1957 erlitt sie einen Schlaganfall, von dem sie sich nicht mehr erholen sollte. Ihr Ehemann brachte sie zehn Jahre später nach Málaga in eine psychiatrische Klinik. Dort starb sie, gelähmt und blind, am 4. Mai 1973.
Von Hans Klumbies