Die Hersteller von Konsumgütern erzeugen Abhängigkeiten

Eines der großen Anliegen von Wolfgang Schmidbauer ist es, Gefühle von Selbstverantwortung und Eigenmacht der Menschen gegen den erodierenden Einfluss des Konsumismus zu stärken. Er weist darauf hin, dass die Propheten des Konsums ihre Ware neutral nennen, wobei es lediglich darauf ankomme, was der verantwortliche Mensch mit ihr mache. Aber das ausgewogene Verhältnis zur Umwelt ermöglicht laut Wolfgang Schmidbauer nur Werkzeuge, die die menschlichen Fähigkeiten vergrößern und nicht vorgaukeln, es gäbe einen Gewinn an Macht ohne Kosten. Wolfgang Schmidbauer schreibt: „In der Konsumgesellschaft wird Technik systematisch benutzt, um die menschliche Neigung zur Regression auszubeuten. Kommerziell sehr erfolgreiche Waren beruhen darauf, dass nicht ein Kunde ein Produkt in Besitz nimmt, sondern dieses ihn.“ Wolfgang Schmidbauer arbeitet neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit auch als Lehranalytiker und Paartherapeut in München.

Manische Qualitäten tragen zum subjektiven Fortschritt von zentralen Konsumgütern bei

Die Schnelligkeit und die Speicherkraft des Computers sind diejenigen des Benutzers, die Motorstärke eines Autos erweitert die Kraft und die Beweglichkeit des Besitzers. Wolfgang Schmidbauer nennt sie manische Qualitäten, die ein wesentlicher Teil der subjektiven Fortschritte von zentralen Konsumgütern sind. Er ergänzt: „Dem Nutzer wird immer mehr abgenommen; parallel dazu wird er auch in immer tiefere Hilflosigkeiten entlassen, wenn das manische Produkt versagt. Denken wir nur an die überbordende Elektronik in Automobilen.“

Das Wachstum der bipolaren Dinge spiegelt sich für Wolfgang Schmidbauer auch in der Zunahme der bipolaren Störungen in der Psychiatrie. Die elektronische Welt hat etwas von einem Dschungel für die meisten Nutzer, obwohl die Experten mit Recht sagen, sie sei letztlich rational organisiert. Wolfgang Schmidbauer fordert deshalb Produkte, die den kritischen Bezug zur Wirklichkeit verbessern und vernünftige Verhältnisse zwischen Aufwand und Ertrag sinnfällig machen.

Die modernen Konsumgüter streben in die Todeszone des Grenznutzens

Wolfgang Schmidbauer kritisiert, dass Güter produziert werden, die den Menschen Verschwendung, Sucht nach maximaler Bequemlichkeit, Angst vor Anstrengung und Größenfantasien jeder Art beibringen. Wolfgang Schmidbauer fügt hinzu: „Immer mehr Waren verführen uns in eine Zone, in der sie der Konsument nicht mehr erfassen, durchschauen, reparieren und zu 100 Prozent nutzen kann.“ Die modernen Konsumgüter entwickeln sich seiner Meinung nach in zwei Richtungen, wobei sie in beiden in die Todeszone des Grenznutzens streben.

Auf der einen Seite werden die Güter immer komfortabler, idiotensicher, nehmen dem Menschen alles ab. Auf der anderen Seite werden sie komplizierter, manchmal so kompliziert, dass die Kunden nicht einmal mehr die Anleitung verstehen und Geräte als defekt einschicken, obwohl diese völlig in Ordnung sind. Wolfgang Schmidbauer weist darauf hin, dass die Hersteller von Konsumgütern immer darauf achten müssen, Abhängigkeiten zu erzeugen. Eine davon ist die Undurchschaubarkeit, und sei es die der Bedienungsanleitung.

Von Hans Klumbies