Thomas Rentsch erklärt in seinem Buch „Philosophie des 20. Jahrhunderts“ die Höhepunkte der modernen und gegenwärtigen Philosophie wie zum Beispiel die Sprachkritik Ludwig Wittgensteins, die Onotologiekritik Martin Heideggers, die Verdinglichungskritik Theodor W. Adornos sowie die französisch geprägte Postmoderne. Dabei zeigt er, wie sich die auf den ersten Blick gegensätzlichen Philosophierichtungen immer wieder ergänzen und so produktiv fortentwickeln. Die Philosophie des 20. Jahrhunderts ist für Thomas Rentsch ein Höhepunkt der 2500-jährigen Philosophiegeschichte: „Geprägt sowohl durch eine weitreichende Ausdifferenzierung der thematischen Schwerpunkte und Schulbindungen als auch durch eine Radikalisierung der Vernunftkritik auf allen Ebenen – vom Unbewussten über die menschliche Existenz und die Sprache bis zu Gesellschaft und Wissenschaft.“ Thomas Rentsch ist Professor für Philosophie an der TU Dresden. Er arbeitet vor allem zur Hermeneutik, zur Sprachphilosophie und zur praktischen Philosophie.
Edmund Husserl begründet die Schulrichtung der Phänomenologie
Zu den großen Vorläufern der Philosophie des 20. Jahrhunderts zählt Thomas Rentsch Søren Kierkegaard, Karl Marx, Charles Sanders Peirce, Friedrich Nietzsche, Gottlob Frege, Sigmund Freud und Albert Einstein, die im Umbruch vom 19. zum 20. Jahrhundert außergewöhnliche Paradigmenwechsel vollzogen und für Revolution und Reflexion stehen. Thomas Rentsch erläutert: „Ohne Existenzphilosophie, Marxismus, pragmatische Sprach- und logische Begriffsanalyse, ohne Zivilisations- und Moralkritik, Psychoanalyse und Relativitätstheorie lässt sich die Philosophie des 20. Jahrhunderts nicht verstehen.“
Eine der bedeutendsten Schulrichtungen der Philosophie des 20. Jahrhunderts mit weltweiter Wirkung bis in die Gegenwart ist für Thomas Rentsch die von Edmund Husserl (1859 – 1933) begründete Phänomenologie: „Die Phänomenologie entwickelt eine neue philosophische Methode der vorbehaltlosen Wesensanalyse aller Phänomene der Welt – welcher Art auch immer.“ In seinem ersten Hauptwerk „Logische Untersuchungen“ entwirft Edmund Husserl eine neue Erkenntnistheorie. Darin wendet er sich mit fünf Kernargumenten gegen alle empirischen Verständnisse und Psychologisierungen der reinen Logik.
Jacques Derrida entwickelt die Methodenlehre der Dekonstruktion
Laut Edmund Husserl bedürfen die Regeln der reinen Logik keiner empirischen Abstützung. Sie sind notwendig, folgen nicht aus Induktionen, unterliegen nicht der Kausalität und beziehen sich nicht auf Tatsachen. Das Entscheidende dabei ist für Thomas Rentsch, dass Edmund Husserl diesen Ansatz der Herausarbeitung spezifischer Wesensgesetze im Folgenden von der Logik auf alle Gebiete der menschlichen Erkenntnis und Praxis ausweitet und zwar im bewussten kritischen Kampf gegen die Wissenschaftsverfallenheit des Denkens.
Der Ansatz von Jacques Derrida (1930 – 2004) argumentiert auf sehr anspruchsvollen hermeneutischen Niveau. Er entwickelte sich zum einflussreichsten Philosophen der Postmoderne. Thomas Rentsch erklärt: „Sein Denken beginnt mit der Interpretation der Phänomenologie Edmund Husserls, die er mit Heidegger weiterdenkt.“ Seine Methodenlehre der Dekonstruktion eröffnet innovative Formen des Umgangs mit Texten, die auf vielfältige Weisen auseinandergenommen werden können.
Philosophie des 20. Jahrhunderts
Von Husserl bis Derrida
Thomas Rentsch
Verlag: C. H. Beck
Broschierte Ausgabe: 128 Seiten, Auflage: 2014
ISBN: 978-3-406-66142-6, 8,95 Euro
Von Hans Klumbies